NLA WO 4 Alt 16

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kommunionharz - Forstsachen

Laufzeit 

1584-1807

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Umfang: 6,4 lfdm
Entstanden aus der gemeinschaft. Verwaltung nördlichen Westharzes, an der seit 1635 zunächst drei welfische Fürstenhäuser, ab 1642 Wolfenbüttel u. Hannover als Kommunion-Verwaltung bis 1788 beteiligt waren.

Bestandsgeschichte 

I. Lage und Beschaffenheit des Kommunion-Harzes.

Der vorliegende Bestand ist ein Teil des umfangreichen Aktenaufkommens aus der gemeinschaftlichen Verwaltung des nördlichen Westharzes, an der seit 1635 zunächst drei welfische Fürstenhäuser beteiligt waren. Nach dem Aussterben der Harzburger Linie 1642 führten Wolfenbüttel und Hannover die Kommunion-Verwaltung des Harzes bis zu deren Auflösung 1788 fort.

Das gemeinsam verwaltete Gebiet umfaßte den gesamten nördlichen Teil des welfischen Harzgebietes, dessen östliche Grenze zu den preußischen Harzteilen sich bis in die jüngste Vergangenheit als innerdeutsche Demarkationslinie widergespiegelt hat. Davon abgesehen war der Kommunion-Harz von welfischen Besitzungen der unterschiedlichen Linien umgeben. Im Südosten stieß des Fürstentum Blankenburg (seit dem 18. Jh. zu Wolfenbüttel gehörig) an das Kommunion-Gebiet. Im Süden wurde es durch das Fürstentum Grubenhagen begrenzt, das zu Hannover gehörte. Im Westen und Norden verlief die Kommunion-Grenze zum einseitig wolfenbüttelschen Territorium 1). Die unmittelbaren Nachbarn des Kommunion-Gebietes waren also selbst überwiegend an dessen Verwaltung
beteiligt.

Der Kommunion-Harz war in 9 Forst-Bezirke unterteilt:

- Seesener,
- Langelsheimer,
- Astfelder,
- Lautenthaler,
- Wildemanner,
- Stauffenburger,
- Zellerfelder
- Harzburger,
- Stollen-Forst.

Der Stauffenburger Forst gliederte sich nochmals in den Gittelder, Badenhäuser und Münchehofer Forst. Zwar bildete
das Kommunion-Gebiet insgesamt ein geschlossenes Territorium, dennoch befanden sich einzelne Exklaven in den angrenzenden Nachbarländern. Besonders der Stauffenburger Forst erschien in dieser Hinsicht unübersichtlich. Die Kommunion-Herrschaft erstreckte sich hier auf ein zerrissenes Gebiet innerhalb der Hoheit des einseitig wolfenbüttelschen Amtes Stauffenburg.


II. Die wirtschaftliche

Bedeutung der Harzforsten

Der vorliegende Bestand behandelt Forstangelegenheiten der Kommunion. Für die beteiligten Parteien war der Kommunion-Harz aus wirtschaftlichen Erwägungen im Hinblick auf Bergbau und Hüttenwesen von besonderem Interesse. Vorrangig unter dem Gesichtspunkt der Förderung dieses Wirtschaftszweiges erfolgte die Verwaltung, Nutzung und Pflege der Kommunion-Forsten. Dadurch hat der Harzer Forstbestand im Laufe der Jahrhunderte nicht nur Schaden gelitten, sondern sein Erscheinungsbild nachhaltig geändert. Dennoch hat es auch in der Kommunion-Verwaltung Ansätze zu einer geänderten Forstpoltik gegeben, wie auch die Akten dieses Bestandes deutlich belegen.

Ein wichtiger Grund dafür, von einer einseitig auf Bergbau und Hüttenbelange ausgerichteten Forstpolitik Abstand zu
nehmen, ergibt sich bereits aus den Schwerpunktthemen der vorliegenden Akten. Diese machen deutlich, daß die Harzforsten einerseits zwar vielseitige Nutzungs- und Gewinnmöglichkeiten boten, andererseits aber auch sehr unterschiedlichen Interessen, Asprüchen und Berechtigungen genügen mußten. Grundsätzlich lassen sich drei Bereiche der unmittelbaren Forstnutzung von einander unterscheiden:

- Holz,
- Mast,
- Weide.

Darüber hinaus knüpften sich an die großen Harzer Waldflächen weitere Nutzungsmöglichkeiten z.B. als Jagdrevier,
für die Fischerei etc.


III. Verwaltungsaufbau

Der Kommunion-Harz war ein künstliches Verwaltungsgebilde. Neue Behörden mit besonderen Kompetenzen wurden eigens eingerichtet. Jeder Forstbezirk besaß seine eigene Unterbehörde. Für einige übergeordnete Aufgaben wurden mehrere Forstbezirke von einem Beamten betreut. Dies gilt z.B. für die drei Forstschreiberreviere, in denen die einzelnen Forstbezirke gruppenweise zusammengefaßt waren. An der Spitze dieser Behördengliederung standen die Berg- bzw. Forstämter, die von Zellerfeld aus für den

Oberharz und von Goslar aus für den Unterharz zuständig waren. Die Leitung lag in den Händen der Berg- bzw. der Vizeberghauptleute, von denen jede der beiden Kommunion-Parteien einen abordnete, und die im jährlichen Wechsel die Oberaufsicht über die Kommunion führten.

Gerade die oberen Kommunion-Behörden dürfen - trotz solcher Bezeichnung - allerdings nicht als Ämter im heutigen Sinne mit eigenem Zweckgebäude und einem festen Dienstrhythmus verstanden werden. In erster Linie taucht der Forstamtsbegriff für die Beschreibung der Amtsobliegenheiten auf. So erscheinen in den Akten Mitschriften der periodisch abgehaltenen Forstkonferenzen als Protokolle der Forstämter. Auch Anschreiben waren stets an einzelne Personen adressiert und nicht an die Behörde, ein weiterer Beleg für die schwachen Konturen der zeitgenössischen Behördenstruktur und die verwirrende Begriffsverwendung. Erst gegen Mitte des 18. Jhs. scheint sich hier ein Wandel abzuzeichnen.


IV. Die Rechtslage

Die Neuschaffung eines ganzen Behördenapparates erzeugte ein erhebliches Maß an Verwirrung und Rechtsunsicherheit in der Region. Ein erheblicher Teil der Verwaltungstätigkeit wurde darauf verwandt, die Interessen zwischen der Kommunion einerseits und den Ämtern der einseitigen Herrschaften sowie deren Untertanen andererseits auszugleichen. Alte Rechte, Traditionen und Gepflogenheiten einzelner Personen oder Dorfschaften kollidierten häufig mit den Maßnahmen der vergleichsweise straff gegliederten Kommunion-Administration, deren Spitze ihre Weisungen unmittelbar von den Regierungen erhielt und die den Apparat besaß, diese Weisungen wirksam und flächendeckend umzusetzen.

In diesem Bestand finden sich auch Akten zu Kompromißverhandlungen zwischen wolfenbüttelschen Ämtern und der Kommunion. Bei solchen Verhandlungen konnten eigenartige Rechtskonstellationen entstehen: Wolfenbüttel nahm einerseits die

Rechte des jeweiligen Amtes wahr, andererseits stand es als Kommunion-Partei auf der Gegenseite. Nicht selten war Wolfenbüttel gezwungen, gegen sich selbst vor Gericht zu ziehen! Solche Rechtsprobleme sind charakteristisch für diesen Aktenbestand. Gleichzeitig bewirkten die komplizierten Konstellationen, die durch die Kommunion geschaffen wurden, eine Dynamisierung auf dem Sektor der Rechtsfindung für neuartige juristische Probleme, die nach genuinen Lösungen verlangten.


V. Benutzerhinweise

Der vorliegende Bestand entstammt der alten Kammer-Registratur. Vermutlich wurde er im Laufe des 19. Jhs. an das Archiv abgegeben 3). Ursprünglich bildete er zusammen mit den Kommunionforstakten der Berghauptmannschaft Zellerfeld einen einheitlichen Bestand. Erst durch die strikte Anwendung des Provenienz-Prinzips wurden die beiden Teilbestände voneinander getrennt. Die Fortsetzung des Bestandes 4 Alt 16, die sich auch in einer fortlaufenden Numerierung widerspiegelt, bildet heute den Bestand 30 Alt Fb. 1.


VI. Einführende Literatur

Kleinau, Hermann, Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Staatsarchivs in Wolfenbüttel (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung 17), Teil I, Göttingen 1963 (hausintern: BÜ I), 65-67; 94-97.

Kremser, Walter, Niedersächsische Forstgeschichte. Eine integrierte Kulturgeschichte des nordwestdeutschen Forstwesens (Rotenburger Schriften Sonderband 32), Rotenburg 1990 (StA WF DiBibl.Sign. Zi 55 So. Bd. 32).

Lommatzsch, Herbert, Der Oberharz im Spiegel der Jahrhunderte. Mensch und Landschaft in dem erzreichen Waldgebirge vom Ende der Steinzeit bis zur Gegenwart, Clausthal-Zellerfeld 1966 2) (StA WF DiBibl.Sign. Zg. 280/66).

Die Eingabe in die Datenverarbeitung (AIDA) besorgte der Archivangestellte Rainer Kustak.

Wolfenbüttel, im September 1991

Dr. Thomas Müller






Nachtrag:
Die seit Abschluss

der vorstehend beschriebenen Verzeichnungsarbeiten in den Bestand zunächst als Gruppe 08. -- Verschiedenes eingefügten Akten (4 Alt 16 Nr. 349-362) wurden im Januar 2002 auf die anderen Klassifikationsgruppen aufgeteilt.

Der im obigen Vorwort genannte Parallelbestand 30 Alt Fb. 1 trägt seit Abschluss der Neubearbeitung im Dezember 2001 die Bestandsbezeichnung 30 Alt.


Wolfenbüttel, im Januar 2002
Dr. Ulrike Strauß
(Archivoberrätin)




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Anmerkungen:

1) Zu Lage und Umgebung des Kommunion-Gebietes s. Geschichtlicher Handatlas von Niedersachsen, hg. vom Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, Neumünster 1989 (StA WF DiBibl.Sign. X 14), 35c; 35d; 37.

2) Einen ausgezeichneten Überblick über die Beschaffenheit des Kommunion-Harzes in bezug auf Bezirks- und Gemarkungsgrenzen sowie Lage der wichtigsten Wirtschaftsbetriebe gibt die zeitgenössische Landkarte von Henning Grosscurt mit dem Titel: "Designatio Derer Gesamten Communion Ober und Unterharzischen Forsten, Gemessen Anno 1680" (StA WF DiBibl.Sign. K 6760).

3) Näheres läßt sich nicht ermitteln. S. dazu auch Kleinau, Hermann, Geschichte des Niedersächsischen Staatsarchivs in Wolfenbüttel (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung 1), Göttingen 1953 (StA WF DiBibl.Sign. Ad 161b:1),

79.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet