NLA ST Rep. 71 Otterndorf

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Obergericht Otterndorf (bis 1852)

Laufzeit 

1546-1855

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Hoheits- und Polizeisachen, Kontributions- und Steuer-, Wasserbau- und Mühlensachen, Bestallungs- und Personalsachen, Kirchen-, Justiz-, landwirtschaftliche und Jagdsachen, landschaftliche Sachen, Schloß und Dorf Franzenburg, Schulden- und Anlagewesen, Rechnungswesen, Militaria
Findmittel: EDV-Findbuch 2001/2002
Umfang: 9,5 lfdm

Bestandsgeschichte 

1. Zur Geschichte des Obergerichts Otterndorf

Das landesherrliche Obergericht zu Otterndorf wurde 1589
von Herzog Franz II. von Sachsen-Lauenburg gegründet. Im
Gegensatz zu den drei ständischen Mittelgerichten, dem
Justizlandgericht für das Hochland, dem Viergericht für
das Sietland und dem Oberstadtgericht zu Otterndorf, deren
Kollegien von landesherrlichen Beamten und ständischen
Vertretern gebildet wurden, bestand das Obergericht aus-
schließlich aus landesherrlichen Beamten.

Das Kollegium des Obergerichts wurde gebildet vom Gräfen,
vom Gerichtsverwalter bzw. Gerichtsdirektor sowie vom Amt-
mann als königlichem Assessor. Diese drei gehörten gleich-
zeitig als landesherrliche Beamte den Kollegien der anderen
drei Mittelgerichte an. Der Gerichtsverwalter fungierte in
der vorhannoverschen Zeit zugleich als Sekretär. Ergänzt
wurde das Personal nach Bedarf durch außerordentliche As-
sessoren. Ein Obergerichtsbote versah den Kanzlei- und
Botendienst.

Während die drei ständischen Mittelgerichte des Landes
Hadeln in 1. Instanz als Kriminalgerichte ihrer Sprengel
fungierten und in 2. Instanz für Appellationen gegen Urtei-
le der Kirchspielsgerichte in dinglichen Sachen zuständig
waren, diente das landesherrliche Obergericht als Gericht
1. Instanz für den gesamten Klerus, graduierte Personen und
die Obergerichtsanwälte, außerdem für alle bei den Unter-
gerichten exemten Personen und für herrschaftliche Pächter
und Meier. Außerdem war das Obergericht zuständig für ei-
lige Sachen, da das Kollegium - im Gegensatz zu den monat-
lich tagenden anderen Mittelgerichten - wöchentliche Ses-
sionen abhielt. In zweiter Instanz war das Obergericht
Appellationsinstanz für Erkenntnisse der zwölf Kirchspiels-
spielsgerichte in persönlichen Sachen.

Appellationen gegen Entscheidungen des Otterndorfer Ober-
gerichts waren bis zum Ende des 16.

Jahrhunderts an den
Landesherrn, dann im 17. und 18. Jahrhundert an die Regie-
rung in Ratzeburg zu richten. 1816 trat an die Stelle
Ratzeburgs, das nun zum Herzogtum Holstein gehörte, die
Justizkanzlei in Stade. Die jeweils nächste Appellations-
instanz war zunächst das Reichskammergericht, dann ab 1747
das Oberappellationsgericht zu Celle. Nachdem das Oberge-
richt zu Otterndorf nach Ende der napoleonischen Ära
wiederhergestellt worden war, wurde es im Rahmen der
hannoverschen Justiz- und Verwaltungsreform von 1852
aufgehoben; an seine Stelle trat das bis heute beste-
hende Amtsgericht Otterndorf.


2. Zur Geschichte des Bestandes

Nach der Auflösung des Obergerichts zu Otterndorf 1852 wur-
den die Regiminalakten des Obergerichts dem Amt Otterndorf
übergeben, während die Justizakten an das neugegründete
Amtsgericht Otterndorf gelangten. Die Justizakten wurden
entweder vom Amtsgericht selbst eingestampft oder aber fie-
len - soweit sie nach 1870 an das damals zuständige Staats-
archiv in Hannover abgegeben worden waren - einem Bombenan-
griff im Oktober 1943 zum Opfer, bei welchem auch der über-
wiegende Teil der Überlieferung des Amtsgerichts Otterndorf
verbrannte.

Die an das Amt Otterndorf gelangten Verwaltungsakten des
Obergerichts wurden mit der Überlieferung des Amtes nach
der Umwandlung der hannoverschen Verwaltungsämter in Land-
kreise nach preußischem Vorbild 1885 vom neugebildeten
Landratsamt des Kreises Land Hadeln übernommen. 1898 wurde
der überwiegende Teil der Akten des 16. bis 18. Jahrhun-
derts an das Staatsarchiv Hannover abgegeben. Hier wurden
die Akten des Obergerichts nicht zu einem eigenen Bestand
geformt, sondern bildeten als "Hann. Des. 74 Otterndorf A"
einen Teil der Überlieferung des Verwaltungsamtes. Aus die-
sem Grund taucht das Obergericht Otterndorf in der Bestän-
deübersicht des Staatsarchivs

Hannover aus dem Jahr 1900
als Behörde nicht auf.

Ein Teil der Akten des Obergerichts war 1898 vom Landrats-
amt Otterndorf nicht an das Staatsarchiv Hannover abgegeben
worden. Diese Akten - 312 Nummern aus der Zeit von 1560 bis
1855 - gingen nach 1945 an die Kreisverwaltung des Kreises
Land Hadeln über und wurden 1948 dem neugegründeten Kreis-
archiv Otterndorf übergeben. In den Jahren 1948/49 wurde
der im Staatsarchiv Hannover befindliche Teil der Überlie-
ferung von Oberarchivrat Erich Weise unter Benutzung des
alten Behördenrepertoriums von 1789, welches der Otterndor-
fer Kreisarchivar Wilhelm Lenz zur Verfügung gestellt hatte,
geordnet. Die Ordnungsarbeiten in Hannover gelangten erst
1954 zum Abschluß.

Sechs Akten der Gräfenkanzlei des Landes Hadeln, der in
Stade ausässigen kurhannoverschen Regierungsinstanz der
mittleren Verwaltungsebene, waren in die Registratur des
Obergerichts gelangt und wurden 1953 vom Kreisarchiv in
Otterndorf an das Staatsarchiv Hannover zur Einordnung in
den dortigen Bestand (heute Rep. 4 im Staatsarchiv Stade)
überwiesen. Einzelne weitere Akten der Gräfenkanzlei be-
finden sich noch heute im Bestand des Obergerichts und
sind dort belassen worden (Rep. 71 Otterndorf Nr. 60 und
Nr. 87).

Durch Vertrag vom 22. Februar 1957 wurde der in Otterndorf
verbliebene Teil der Überlieferung des Obergerichts dem
Kreisarchiv leihweise überlassen, bis das Staatsarchiv
Stade im Rahmen der abschließenden Zusammenführung seiner
Bestände im Jahr 1988 die Akten zurückforderte.

In seiner Archivtektonik für das neuzugründende Staatsar-
chiv Stade hatte Erich Weise nicht geplant, die Überliefe-
rung des Obergerichts Otterndorf von derjenigen des Amtes
Otterndorf zu trennen. Das 1954 fertiggestellte Archiv-
Findbuch Weises trägt die Kolumnentitel "Ha. 74 Ottern-
dorf A", und auch in der von Weise 1964

veröffentlichten
Beständeübersicht des Staatsarchivs Stade findet sich unter
"Rep. 71 Otterndorf" nur der Verweis auf den Bestand des
Amtes Otterndorf. Später scheint man eine provenienzmäßige
Trennung zwischen Obergericht und Amt geplant zu haben; zu-
mindest ist im Finduch in den Kolumnen die Bezeichnung
"Rep. 74" zu "Rep. 71" geändert worden.

Spätestens mit der Einführung der Numerus-currens-Zählung
der Akten anstelle der umständlichen alten Lokaturen-Signa-
tur in den 1990er Jahren war dieser Plan dann wieder aufge-
geben worden, und die Akten des Obergerichts bildeten nun
die Nummern 1-799 im Bestand "Rep. 74 Otterndorf" (Amt Ot-
terndorf). Bei dieser Gelegenheit wurde der größere Teil
dieses Gesamtbestandes - darunter auch die Akten des Ober-
gerichts - mit Hilfe der EDV neu verzeichnet.

Im Frühjahr 2001 wurden die Verwaltungsakten des Oberge-
richts Otterndorf wieder von der Überlieferung des Amtes
Otterndorf getrennt, um künftig endgültig einen eigenen
Bestand zu bilden. Die auf Grundlage des alten Archiv-
Findbuchs vorgenommene EDV-Verzeichnung erwies sich dabei
als so unzureichend, daß nahezu jeder Titel neu formuliert
werden mußte. Da man keine Gliederungsüberschriften einge-
geben hatte und die vorgenommene Klassifikation überdies
undurchsichtig war, wurde eine neue Klassifikation in enger
Anlehnung an die Gliederung der alten Behördenregistratur
angelegt.

Lediglich die Varia-Abteilungen des Behördenrepertoriums
wurden aufgelöst und einzelne Akten anderen Gliederungs-
punkten zugewiesen, unter denen man sie eher sucht als
unter den bisherigen. Die zeitweise in Otterndorf verwahr-
ten Akten sind in dem vorliegenden neuen Findbuch mit der
Bemerkung "KAO" im Feld "Registratursignatur" gekennzeich-
net worden.

In seiner nunmehrigen Gestalt umfaßt der neue Bestand
"Obergericht zu Otterndorf 1589-1852" 813

Archivalienein-
heiten (= 9,5 lfdm.) aus den Jahren 1546 bis 1855, die ab-
schriftlich vorhandene Überlieferung reicht sogar bis in
das Jahr 1313 zurück.

Fünf Karten wurden aus den Akten entnommen und der Karten-
sammlung des Staatsarchivs hinzugefügt:
Karten neu Nr. 754 aus Rep. 71 Otterndorf Nr. 123
765 447
799 668
1390 86
4650 91
Parallel zum Bestand "Rep. 71 Otterndorf (Obergericht
Otterndorf)" sind folgende weitere Archivbestände des
Staatsarchivs Stade zu benutzten:
Rep. 4: Gräfenkanzlei des Landes Hadeln in Stade 1731-1810
Rep. 74 Otterndorf: Amt Otterndorf (bis 1885)
Rep. 83 Otterndorf: Konsistorium Otterndorf (bis 1885)


Stade, den 2. Dezember 2002 Dr. Christian Hoffmann



3. Literatur:

Axel Behne, Otterndorf als 'Dritter Stand' - Die Stadt, das
Land und seine Herren, in: Ders. (Hrsg.), Otterndorf - 600
Jahre Stadtgeschichte an der Nordsee. Siebenundzwanzig Auf-
sätze zur 600. Wiederkehr der Verleihung des Stadtrechts am
9. Oktober 1400 (Veröffentlichungen aus dem Archiv des Land-
kreises Cuxhaven, 3), Otterndorf 2000, S. 239-256.

Hermann Uwe Dettmer, Das Otterndorfer Stadtrecht. Eine Dar-
stellung mit einem Rechtsvergleich und dem Versuch einer
rechtlichen Zuordnung insbesondere der Statuten von 1541
zugleich unter Hervorhebung von Abweichungen zum Hadler
Landrecht und unter Berücksichtigung der Stellung der Stadt
im Lande Hadeln nebst einem Abdruck des Textes der Ottern-
dorfer Statuten von 1541 nach der Originalurkunde (Einzel-
schriften des Stader Geschichts- und Heimatvereins, 24),
Stade 1973.

Hermann Uwe Dettmer, Recht, Gericht und Verfassung im alten
Lande Hadeln, in: Rudolf Lembcke (Hrsg.), Kreis Land

Hadeln.
Geschichte und Gegenwart, Otterndorf 1976, S. 54-64.

Hermann Uwe Dettmer, Otterndorf im Spiegel seiner Stadt-
rechtsgeschichte, in: Rudolf Lembcke (Hrsg.), Otterndorf.
Kleine Stadt am großen Strom, Hamburg 1978, S. 86-127.

Hermann Uwe Dettmer, Die Otterndorfer Stadtgerichtsbarkeit
mit einem Anhang zum sächsischen Recht in Otterndorf, in:
Axel Behne (Hrsg.), Otterndorf - 600 Jahre Stadtgeschichte
an der Nordsee. Siebenundzwanzig Aufsätze zur 600. Wieder-
kehr der Verleihung des Stadtrechts am 9. Oktober 1400 (Ver-
öffentlichungen aus dem Archiv des Landkreises Cuxhaven, 3),
Otterndorf 2000, S. 125-146.

Mirko A. Judernatz/Uwe Timm: Hadler Kirchspielsleute. Ver-
zeichnis der Personen mit öffentlichen Aufgaben im Altland
Hadeln. Typoskript o. O. 2002.

Oskar Kieker/Wilhelm Lenz/Heinrich Rüther (Bearb.), Die
Kunstdenkmale des Kreises Land Hadeln und der Stadt Cux-
haven, 2 Bde. (Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, 30),
München 1956.

Rudolf Lembcke, Aus der Geschichte des Landes Hadeln, in:
Ders. (Hrsg.), Kreis Land Hadeln. Geschichte und Gegenwart,
Otterndorf 1976, S. 45-53.

Wilhelm Lenz, Zur Verfassungsgeschichte der Stadt Ottern-
dorf, in: Rudolf Lembcke (Hrsg.), Otterndorf. Kleine Stadt
am großen Strom, Hamburg 1978, S. 59-74.

Eduard Rüther, Hadler Chronik. Quellenbuch zur Geschichte
des Landes Hadeln, 2. Aufl. (Sonderveröffentlichungen des
Heimatbundes der Männer vom Morgenstern, 5), Bremerhaven
1979.

Heinrich Rüther, Geschichte des Landes Hadeln, Otterndorf
1949.

Erich Weise, Geschichte des Niedersächsischen Staatsarchivs
in Stade nebst Übersicht seiner Bestände (Veröffentlichungen
der Niedersächsischen Archivverwaltung, 18), Göttingen 1964,
S. 249 und S.

266.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Obergericht Land Hadeln (einschließlich Stadt Otterndorf)

Zeit von 

1819

Zeit bis 

1852

Objekt_ID 

182

Ebenen_ID 

6020

Geo_ID 

6020-182

Link 

Obergericht Land Hadeln (einschließlich Stadt Otterndorf)