NLA ST Rep. 7

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Marschländer Registratur

Laufzeit 

1660-1874

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Überlieferung der Stände des Alten Landes (Akten der Gräfen) sowie Akten des Konsulenten der Marschländer, eines ständigen Rechtsbeistandes der Einwohner der Elbmarschen.
Findmittel: Unbearbeitete und unverzeichnete Abgabe des Hauptstaatsarchivs Hannover
Umfang: 6 lfdm

Bestandsgeschichte 

Die "Marschländer Registratur" umfasst Akten vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie entstand im Zusammenhang mit dem Marschländer Prozess und wurde vom Marschländer Konsulenten als ständigem Rechtsbeistand der Marschbauern betreut. Der Bestand enthält im wesentlichen Akten des beim schwedischen Tribunal in Wismar (bis 1712) bzw. beim hannoverschen Oberappellationsgericht in Celle geführten Marschländer Hauptprozesses und seiner Neben- und Folgeprozesse - darunter etliche Abschriften, darüber hinaus vor allem zur inneren Struktur der Marschländer sowie zu finanziellen und militärischen Angelegenheiten.
Die Notwendigkeit zur Organisierung und zum Zusammenschluss der einzelnen bremischen Marschdistrikte - Altes Land, Land Kehdingen, Land Wursten, später kamen die kleineren Marschgebiete Osterstade, Kirchspiel Osten und Amt Neuhaus hinzu - entstand nach 1600 im Zusammenhang mit den Streitigkeiten zwischen den schatzpflichtigen Marschbauern (kurz "Marschländer" genannt) und den steuerfreien Landständen wegen Landstandschaft und Kontribution (Marschländer Prozess). Erste Einigungsverträge erfolgten im Hinblick auf die Prozessführung seit 1598, und im Marschländer Rezess vom 17.03.1668 schlossen sich die Marschländer zu einer "Societet" zusammen. Ein ständiger Rechtsbeistand - zunächst Advokat, später Syndikus und Konsulent betitelt - wurde installiert, in jedem Marschdistrikt Deputierte als Vertretungsorgane gewählt, eine Lade eingerichtet, in der das gemeinsam aufzubringende und zu verwaltende Geld und die Originaldokumente, Urkunden und Briefschaften aufbewahrt werden sollten. Die verschlossene Lade sollte dort, wo es die Deputierten für sicher hielten, ihren Platz finden. Zunächst scheinen regelmäßige Konvente noch nicht statt gefunden zu haben, die Einrichtung des "Marschländer Konvents" als Versammlungs- und Vertretungsorgan der

Marschländer, der etwa viermal jährlich, in der Regel in Stade, zusammenkam, um wichtige Landesangelegenheiten zu besprechen und Landtage bzw. Deputationen vorzubereiten, erfolgte vermutlich erst am Ende des 17. Jahrhunderts, seitdem sind Protokolle in dichter Folge überliefert. Der Syndikus bzw. Konsulent berief die dazu in den jeweiligen Marschdistrikten gewählten Landes-Deputierten ein.
Rechtsbeistände benötigten die Marschländer im Zusammenhang mit der 1598 beginnenden Streitsache seit Beginn des 17. Jahrhunderts. Überliefert sind: Simon Förstenow, erzbischöflicher Rat in Vörde bzw. braunschweig-lüneburgischer Kanzler zu Harburg (seit 1606); Dr. Heinrich Thode, der Syndikus der bremischen Ritterschaft (spätestens seit 1637), und seit 1643 Dr. Martin Böckel, oldenburgischer Rat, Syndikus des Ratzeburger Domkapitels, später der Stadt Lübeck, seit 1670 Kanzler in Bremen-Verden. "Namens der gesamten Marschländer" agierte in jener Zeit auch Johann Vaget, der Sekretär des Alten Landes, der offensichtlich als eine Art Adjunkt des Rechtsbeistands fungierte. Er übergab im März 1655 39 Aktenkonvolute (insgesamt etwa 3.876 Bl.) an den Syndikus Dr. Böckel in Lübeck. Die dafür erstellte "Designation der überlieferten Akten, die Marschländer im Erzstift, jetzt Herzogtum Bremen betreffend", findet sich in Nummer 8 des Bestandes.
Seit 1667/68 und damit seit Beginn der Vereinigung der Marschländer, bis etwa 1689, fungierte Dr. Johann Neumann, Hamburg, als Advokat und Syndikus der Marschländer. Seine Amtsnachfolger, nunmehr mit der Bezeichnung Konsulent, waren: der Gräfe des Alten Landes, Daniel tho Aspern (bis 1721); Barthold am Ende, Advokat in Stade (1722 - 1731); Peter tho Aspern (1731 - Ende 1734); Kommissar Carl Nicolaus Clemens Adler, Stade (16./17.12.1734 - 09.05.1775); Kanzleiadvokat David Henrich Matthias Wehner (21.06.1775 - 1788); Garnisonsauditeur Johann Andreas

von Bremen (1788 - 1801); Kanzleiprokurator Gottfried Christoph Willemer in Stade (1801- 1840). Willemer, der seit 1789 bereits Konsulent des Alten Landes war, wurde 1814 auch Abgeordneter beim allgemeinen Landtag in Hannover und seit 1819 Deputierter des Alten Landes beim Provinziallandtag, bei dem die Marschländer nunmehr durch sogenannte Landschaftsdeputierte vertreten waren. Der Marschländer Prozess wurde im 18. Jahrhundert beendet, die Marschbauen waren seit 1819 landtagsberechtigt. Die Organe der Marschländer, der Konsulent und der Konvent, hatten ihre ursprüngliche Bedeutung verloren. Durch Verfügungen des Kabinettsministeriums vom 13.01. bzw. 05.03.1833 wurden die Konvente für entbehrlich und unnötig erklärt und abgeschafft. Mit dem Tod des Konsulenten Willemer am 05.08.1840 wurde auch die Konsulentenstelle der Marschländer aufgehoben. Die Marschländer Registratur wurde von den Erben des verstorbenen Konsulenten 1843 an den dazu von den Landtagsdeputierten der Marschen bevollmächtigten Landsyndikus und Kanzleiprokurator Holtermann ausgehändigt und in Stade aufbewahrt. Wo, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.
Bis dahin wurde die Registratur vermutlich in den Privathäusern der Konsulenten aufbewahrt. Nach dem Tod des Konsulenten Adler wurde die marschländische Registratur vom Amtsnachfolger in Zusammenarbeit mit weiteren Deputierten 1781 "in Ordnung gebracht". Aus jener Zeit stammt ein Verzeichnis, das nunmehr unter der Nummer 90 des Bestandes zu finden ist. Eine weitere Sichtung und Ordnung wurde nach der Amtsniederlegung des Konsulenten von Bremen und der Amtsübernahme durch Willemer vorgenommen, das Verzeichnis von 1803 ist ebenfalls unter der Nummer 90 aufgenommen worden. Diese beiden Verzeichnisse, die sich in Abschrift im Familienarchiv Hahn (Dep. 7) befinden, dienten als Grundlage der Erschließung für den ersten Teilbestand der Marschländer

Registratur. Sie weisen keinerlei Gliederung auf, darüber hinaus fehlen etliche dort registrierte Akten. Einige wenige konnten im völlig unverzeichneten und ungeordneten zweiten Teil des Bestandes ausfindig gemacht werden, andere sind möglicherweise unter Verlust des Aktendeckels und der Aktennummer später an anderer Stelle abgelegt worden - zumindest decken sich die Inhalte einiger neu geordneter Akten mit den 1803 für die verschwundenen Akten aufgenommenen Titeln. Von den 133 Nummern des Verzeichnisses von 1803 fehlen die Nummern 6-12, 17, 26, 32-33, 35, 48, 50, 53, 65-66, 68-74, 78, 88, 98, 100-105, 108-110, 113-115, 118-119, 123, 125-126, 131 (insgesamt 45 Nummern).
Über den weiteren Verbleib des Bestandes nach Auflösung der Marschländer Organisation und der Aushändigung der Akten an den Kanzleiprokurator Holtermann Mitte des 19. Jahrhunderts finden sich nur einzelne Spuren. Der Archivbestand wurde 1975 vom Hauptstaatsarchiv Hannover mit weiterem ungeordneten Schriftgut, das weitgehend aus den dortigen Beständen Hann. 49-53 ausgeschieden worden war, an das zuständige Staatsarchiv Stade abgegeben. Einem beiliegenden Vermerk zur Ausleihe einzelner Akten an Dr. Hahn im Jahr 1920 (in Nr. 90) ist zu entnehmen, dass zumindest der erste Teilbestand damals im Stadtarchiv Stade "gelagert" wurde. Über seine Bildung sowie Verbringung von Stade nach Hannover und schließlich 1975 zurück nach Stade liegen bislang keine Informationen vor.
Bei einigen Akten des zweiten ungeordneten Teilbestandes, der neben Akten aus der Zeit nach 1803 auch weiteres Material zum 17./18. Jahrhundert enthält, war die Provenienz nicht immer klar ersichtlich. Möglicherweise entstammen einzelne Stücke auch der Altländer Registratur. Im Zweifelsfall wurden die Akten, sofern sie sich auf die Marschländer bezogen, diesem Bestand zugeordnet.


Stade, im April 2008

Beate-Christine Fiedler



Hinweise auf ergänzende Quellen im NLA-Staatsarchiv Stade:

Rep. 5b (Erzstift Bremen) Fach 99/100 Nr. 54 - 59
Rep. 5a (Schwedisches Archiv) Fach 143 - 145 Nr. 1 - 46
Rep. 5g (Acta archivalia) Nr. 29
Rep. 40 (Kurfürstliche Regierung Stade) Klassifikation 03.06.04.02
Rep. 80 (Landdrostei Stade) Klassifikation 03.14.01.05
Rep. 27 (Reichskammergericht) B 3721cc
Rep. 28 (Tribunal Wismar) - zur Zeit Neuverzeichnis mit Signaturänderungen - Nr. 334, 348, 349, 358, 359, 798, 982, 1025 - 1034, I W 105; II K 31, K 33; III B 15, M 30/I-XII, M 37 - 39; Gen. 14
Rep. 30 (Stader Akten 1675 - 1680) Klassifikation 16 Tit. 61 Nr. 11, Nr. 34
Rep. 31 (Geheime Räte Hannover) Titl. 30 Nr. 1 - 9
Rep. 80 (Landdrostei Stade) Klassifikation 03.14.01.05
Dep. 7 (Familienarchiv Hahn) I Nr. 45/3 ("Bruchstücke von Akten der Marschländer des Herzogtums Bremen", 1665 - 1759
Dep. 10 (Stader Geschichts- und Heimatverein) Nr. 167
Dep. 10 Hs. Nr. 5 (darin lfd. Nr. 6), Nr. 9, Nr. 17, Nr. 54 (darin Nr. 59)


Literatur:

Brandt, Walter: Der Kampf der bremischen Marschbauern um ihre landständischen Rechte, in: Stader Archiv NF Heft 27, 1937, S. 148 - 160.

Fiedler, Beate-Christine: Die Verwaltung der Herzogtümer Bremen und Verden in der Schwedenzeit 1652 - 1712. Stade 1987, S. 199 - 206 (Einzelschriften des Stader Geschichts- und Heimatvereins, Bd. 29 = Veröff. aus dem Stadtarchiv Stade, Bd. 7).

Hauschildt, Hinrich: Zur Geschichte der Landwirtschaft im Alten Land. Studien zur bäuerlichen Wirtschaft. 2 Bde., Diss. phil. Hamburg 1988, I, S. 41 - 60; II S. 38 - 44.

Pratje, Johann Hinrich: Die Herzogtümer Bremen und Verden oder Vermischte Abhandlungen ..., Bd. 6, 1762, S. 48 - 51.

Pratje, Johann Hinrich: Altes und Neues aus den Herzogtümern Bremen und Verden, Bd. 2, 1770, S. 325 - 360; Bd. 5, 1772, S. 244 - 264;

Bd. 6, 1773, S. 321 - 358.

Siemens, Hans Peter: Das Alte Land - Geschichte einer niederelbischen Marsch, Stade 1951, S. 107f., 114 - 117 (Einzelschriften des Stader Geschichts- und Heimatvereins, Nr.

2).

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet