NLA ST Rep. 171 Verden Rückerstattung

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Landgericht Verden Rückerstattungsakten

Laufzeit 

1896-1991

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Im Bestand befinden sich aus einer über das Hauptstaatsarchiv Hannover 2009 abgegebenen Akzession aus der letzten Provenienz des Landgerichts Hannover 978 Akten (959 Einzelfälle, eine Akte mit mehreren Namenverzeichnissen und 18 allgemeine Akten) aus Rückerstattungsverfahren, die aus der ehemaligen Zuständigkeit des Landgerichts Verden - Wiedergutmachungsamt - entstanden sind.
Findmittel: EDV-Findbuch 2012
Umfang: 13,15 lfdm

Bestandsgeschichte 

Der Oberbegriff "Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts" beinhaltet zwei Rechtsgebiete: die Rückerstattung feststellbarer Vermögensschäden, die in dem vorliegenden Bestand unter dem Gliederungspunkt 9 zu finden sind und die Entschädigung für sonstige, sogenannte nicht-feststellbare Vermögensschäden und für Personenschäden, die im Bestand Rep. 210 (Wiedergutmachung) zusammengefasst sind.

Rückerstattung feststellbarer Vermögensschäden

Basis der Rückerstattung war das Militärgesetz Nr. 59 zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen. Es bildete nach dem Zweiten Weltkrieg während der Besatzungszeit in Deutschland den gesetzlichen Rahmen von Restitutionsverfahren für die Amerikanische und später die Britische Besatzungszone. Im amerikanischen Besatzungsgebiet wurde das Militärgesetz Nr. 59 am 10. November 1947 erlassen. Zwei Jahre später zog die britische Militärverwaltung nach und erließ am 12. Mai 1949 ebenfalls ein Militärgesetz Nr. 59, das diesem Vorbild inhaltlich entsprach und die bislang schon innerhalb der Britischen Besatzungszone geübte Handhabung auf eine einheitliche Rechtsgrundlage stellte. Das Militärgesetz Nr. 59 sowie die vergleichbaren Regelungen der beiden anderen westlichen Besatzungsmächte wurden als Rechtsvorschriften zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in das Bundesrückerstattungsgesetz übernommen. Im 1957 verabschiedeten Rückerstattungsgesetz (BRüG) verpflichtete sich die Bundesrepublik, Schadenersatz für entzogene und nicht mehr auffindbare Vermögenswerte zu leisten. Voraussetzung war jedoch, dass diese Gegenstände auf das Gebiet der BRD gelangt waren. So musste etwa ein Antragsteller nicht nur den Wert des geraubten Schmucks glaubhaft machen, sondern auch nachweisen, dass dieser in das westdeutsche Gebiet verbracht worden war. Es

überrascht darum nicht, dass es zahlreiche Prozesse gab und die Summe der ausgezahlten Entschädigungsleistungen vergleichsweise gering blieb.

Die Anträge der Geschädigten (Verfolgten) selbst oder ihrer Hinterbliebenen bzw. ihrer Rechtsnachfolger wurden bei den Entschädigungsbehörden beim Landgericht Verden bzw. bei der Oberfinanzdirektion (OFD) in
Hannover bearbeitet. Widersprüche gegen die dort erteilten Bescheide konnten die Betroffenen vor dem Landgericht
Hannover einreichen. Hier wurden sie zunächst vom "Wiedergutmachungsamt", einer Schlichtungsinstanz,
bearbeitet. Gegen die Entscheidungen dieses Wiedergutmachungsamtes konnte dann vor der "Wiedergutmachungskammer" des Landgerichts Hannover Zivilklage erhoben werden. Gegen die Beschlüsse der
Wiedergutmachungskammer ihrerseits war die Berufung vor dem Wiedergutmachungssenat des Oberlandesgerichts Celle möglich, das hier offenbar zentral für Niedersachsen zuständig war. Nach Abwicklung der Verfahren blieben in der zuletzt zuständigen Stelle am Landgericht Hannover ein umfangreicher Bestand an Rückerstattungsverfahren übrig, der nach Übergabe an das Landesarchiv in Hannover auf die verschiedenen Standorte der früher zuständigen Landgerichte übergeben wurden. So wurden im Jahr 2009 jeweils ein größerer Bestand von Einzelfallakten und wenige allgemeine Akten aus der Zuständigkeit der Landgerichte Stade (Acc. 2009/56) und Verden (Acc. 2009/057) in das NLA-Staatsarchiv Stade übernommen.

Archivische Bearbeitung:

Nach einer Erschließungsempfehlung des Landesarchivs vom September 2009 werden an erster Stelle die Vermögensgegenstände genannt, die entzogen wurden, vor allem Immobilien mit Ortsbezug oder Geschäftsvermögen mit Name und Art des Geschäfts oder die Firmenbezeichnung oder summarisch einzelne Vermögenswerte wie Hausrat, Schmuck, Guthaben etc. An zweiter Stelle folgen die Geschädigten, die i.d.R. zur

Zeit der Verfolgung im Sprengel des Landgerichts Verden ansässig waren oder hier Vermögen besaßen oder die Antragsteller. Diese waren häufig die Erben oder Rechtsnachfolger, die vielfach nicht in Europa lebten und oft ihrerseits von Organisationen juristisch vertreten wurden, die Erfahrung im Umgang mit den Entschädigungsbehörden hatten. Dazu zählten vor allem die Jewish Trust Organization mit Sitz in Hamburg sowie die Allgemeine Treuhand Organisation in Hannover. Wichtiger ist hingegen die Kenntnis der Antragsgegner, die an dritter Stelle aufgeführt werden, so dass es dazu auch ein namentliches Verzeichnis gibt. Nach den oben genannten Empfehlungen sollen die Einzelfallakten nach § 5 Absatz 2 NArchG als personenbezogene Akten gelten und zwar bezogen auf den Geschädigten, den Antragsteller (falls verschieden) und den Antragsgegner. Dies gilt nur für die Fälle, in denen natürliche und nicht juristische Personen involviert sind. Allerdings ist die Ermittlung der personenbezogenen Daten oftmals nicht ohne größeren Aufwand zu bewerkstelligen, so dass alternativ wie im § 5 Absatz 2 NArchG vorgesehen auch eine Nutzung 50 Jahre nach Laufzeitende (bezogen auf das Abschlussdatum der Bearbeitung!) für Akten, die einer besonderen Geheimhaltungs-, Sperrungs- und Löschungs- oder Vernichtungsvorschrift des Landes unterliegen, möglich ist. Im Falle, dass alle drei Parteien juristische Personen darstellen, genügt demnach eine Sperrfrist von 30 Jahren nach Laufzeitende.

Die Vermögensschäden, deren Rückgewähr beantragt wurde, lassen sich in fünf Bereiche aufteilen:
1. Geldvermögen, darunter fallen auch Gesellschaftsanteile an Firmen, Leistungen von Versicherungen, Gehaltszahlungen sowie insbesondere auch die sogenannte Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe;
2. Hausrat, Inventar;
3. Immobilien: Wohngrundstücke, Gebäude;
4. Immobilien: Geschäftsgrundstücke, Gebäude,

auch Firmen;
5. Sonstige Vermögenswerte, z.B. sonstige Mobilien.
Wegen der möglichen Kombination verschiedener Vermögensschäden in einem Verfahren, wird als Gliederungsebene eher der Ort, an dem das Vermögen entzogen worden ist, gewählt, genauer der damalige Landkreis nach der Kreisreform von 1932.

Unterschieden wird, ob die Vermögensschäden aufgrund rassischer Verfolgung entstanden sind, dies sind
die Fälle, die mit dem Schlagwort "Arisierung" bezeichnet werden, oder ob andere Verfolgungsgründe bestanden haben, z.B. politische Überzeugung, Glaube und Weltanschauung, aktiver Widerstand, Nationalität.

Die Aktenzeichen des Wiedergutmachungsamts und ggf. der Wiedergutmachungskammer werden in der Rubrik "Registratur-Signatur" vermerkt.

Das Vorwort ist dem Bestand Rep. 171 Stade Rückerstattung (= Landgericht Stade Rückerstattungsakten) entnommen und diesem Bestand angepasst worden.

Der Bestand besteht aus zwei Akzessionen. Die Generalakten des Wiedergutmachungsamtes befinden sich unter acc. 2010/015 Nr. 1-18. Die 960 Akten (959 Einzelfälle und eine Akte mit mehreren Namenverzeichnissen) der Akzession 2009/057 wurden von Henning Müller Ende 2012 verzeichnet.
Das Findbuch ist Bestandteil des allgemeinen Bestandes des Landgerichts Verden (Rep. 171 Verden), wegen der besonderen Bedeutung und des Umfangs wurde allerdings ein getrennter Ausdruck für sinnvoll erachtet.


Stade, im Februar 2013 Antje

Schröpfer

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

teilweise verzeichnet