NLA ST Rep. 164

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Berufsbildende Schulen

Laufzeit 

1925-2015

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Schriftgut berufsbildender Schulen mit Ausnahme der Fachhochschulen und der Seefahrtsschulen
Findmittel: Verzeichnis
Umfang: 1,75 m (78 Nr.)

Geschichte des Bestandsbildners 

Schon im Vorfeld der Gründung der Landfrauenschule Stade war auf private Initiative wie in anderen Städten der Region auch (Celle 1897, Hameln 1901, Hildesheim 1913) eine 'Städtische Haushaltungs und Gewerbeschule' gezielt zur Ausbildung der weiblichen Jugend in der Wiesenstraße am Rand der Schwinge-Wiesen 1912 gebaut und eingerichtet worden. Dazu kam die Einrichtung eines Internats für auswärtige Schülerinnen mit sieben Räumen und 21 Betten im oberen Stockwerk des Gebäudes. Die Entwicklung dieser Schule wurde jedoch durch den 1. Weltkrieg und vor allem die nachfolgende Inflation so gestört, dass diese Schule schon nach zehn Jahren wieder geschlossen werden musste und zunächst als Unterkunft für Ruhrflüchtlinge diente.

Das Vorhandensein dieses Gebäudes war jedoch der entscheidende Vorteil, als im Jahr 1924 bei der Landwirtschaftskammer in Hannover unter Baron Georg von Reden-Reden der Wunsch aufkam, in den nördlichen Bereichen des Kammerbezirks eine weitere landwirtschaftlichen Haushaltungsschule zu eröffnen und Stade neben Lüneburg in Betracht gezogen wurde. Motor der Stader Bewerbung waren der Vorsitzendes des Landwirtschaftlichen Hauptvereins in Stade, Ökonomierat von Lehe-Padingbüttel, und von Seiten der Stadt Stade Oberbürgermeister Dr. Frommhold. Der Stadt sollte weiterhin das Gebäude gehören. Sie finanzierte zunächst auch den Umbau nach der vertraglichen Zusage durch die Landwirtschaftskammer Hannover. Betreiber der Schule war jedoch die Landwirtschaftskammer selbst, die das Inventar käuflich erwarb und den Umbau nachträglich abbezahlte. Als erste Leiterin wurde auf Vermittlung von Lehes zum 1. Juli 1925 Frau Else Böschen eingestellt, die der Schule dann bis zum Jahr 1953 vorstand. Der Schulbetrieb selbst wurde zum 1. Oktober 1925 zunächst mit 21 Schülerinnen im Rahmen einer einjährigen Ausbildung begonnen. Als weitere Lehrerinnen fungierten zunächst Edith Hartmann aus Göttingen als Kochlehrerin und im Folgejahr mit Thea Küppers eine dritte Lehrkraft. Im theoretischen Unterricht dominierten neben den haus- und landwirtschaftlichen Fachuntericht (Hauswirtschaftslehre inkl. Buchhaltung, Kochen, Gesundheitspflege, Tierhaltung, Gartenbau, Wäsche, Nadelarbeit) noch allgemeine Fächer wie Deutsch, Rechnen, Heimatkunde, Religion oder Turnen, für die z. T. Hilfskräfte von anderen Schulen abgeworben werden mussten.
Zunächst wurde das Außengelände der Schule mit der Errichtung eines Stallgebäudes für die Geflügel- und Schweinehaltung sowie eines Schulgartens ausgebaut. Weitere Ländereien wurden für den als Vermehrungszucht 1929 aufgebauten Geflügelbetrieb und den Ackerbau (u. a. auf dem Gut Hahle) von der Stadt Stade in Pacht zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig konnte die Schule schon 1927 die Anerkennung als Ausbildungsbetrieb für Lehramtsanwärterinnen erhalten und ab Ostern 1928 Staatsprüfungen zur Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde abnehmen. Die dadurch ausgebildeten Probelehrerinnen bildeten auch das Reservoir für die Einstellungen in der Schule selbst. Es konnten rund 40 Schülerinnen aufgenommen werden, die vorwiegend aus dem norddeutschen Raum kamen und von einem Hof stammten, nur die Wirtschaftskrise brachte in den Jahren 1932-34 einen vorübergehenden Abschwung. Der im September 1933 gegründete Reichsnährstand übernahm u. a. im Dezember 1935 auch die Kontrolle über die Ausbildung der Landfrauen und sorgte für die Ausrichtung des Unterrichts hin zur "neuen deutschen Landfrau". Bevorzugtes Ziel der Lehrfahrten waren im Sinne der Neusiedlerbewegung jetzt die Gebiete im Osten des damaligen Reiches (Ostpreußen 1934 + 1936, Schlesien und Riesengebirge 1938, Sudetenland 1939). Bis März 1945 konnte der Schulbetrieb trotz des 2. Weltkrieges aufrecht erhalten werden, dann musste er zugunsten der Einrichtung eines zunächst deutschen, später dann britischen Lazaretts weichen.
Die Briten gaben das Gebäude im April 1946 wieder frei und der Unterricht wurde provisorisch und unter größeren Einschränkungen in Bezug auf die Versorgung mit Brennstoffen und Lebensmitteln schon zu Ostern 1946 wieder aufgenommen. Trotzdem war der Andrang von Anfang an so groß, dass nicht alle Bewerberinnen mehr aufgenommen werden konnten und die Zugangsbeschränkungen erhöht werden mussten. Darüber hinaus wurde mit dem Herbst 1947 auch ein weitere Oberklasse begründet. Mit dieser dann insgesamt zweijährigen Ausbildung konnte man die Aufnahme in einer Hochschule für landwirtschaftliche Lehrer (z. B. in Wilhelmshaven oder Gießen) erreichen. Auch die Unterrichtsinhalte verlagerten sich zunehmend weg von den allgemein bildenden Fächern zu einer Ausweitung der fachlichen Ausbildung mit Fächern wie landwirtschaftliche Betriebslehre oder Ernährungsphysiologie. Mit Geldern aus dem Marshall-Plan konnten die Unterrichtsräume auch mit Hilfe eines kleinen Erweiterungsbaus vergrößert und modernisiert werden. Der Gemüseanbau und die Tierhaltung wurde in neu erworbenen Grundstücken in der Nähe der Schule erweitert, neben 100 Legehennen gab es Enten, Gänse, Schweine und Schafe. Vorträge mit auswärtigen ReferentInnen wurden gehalten, Klassenfahrten wieder aufgenommen und die üblichen Feste (Weihnachts- und Abschiedsfeiern) gefeiert.

1950 konnte das 25jährige Jubiläum mit großem Aufwand gefeiert werden, im selben Jahr wurde der Ehemaligenverein gegründet. 1953 schied die erste Leiterin nach schwerer Krankheit aus, es übernahm die bisherige langjährige Lehrerin für hauswirtschaftliche Betriebslehre und Hofarbeit Eva Müller. 1956 wurde durch die Stadt Stade in unmittelbarer Nachbarschaft ein weiterer Massivbau errichtet, der zur Unterbringung von zwei Lehrerinnen und acht Schülerinnen diente. Seit Mitte der 60er Jahre wurde die praktische Tierhaltung nach und nach aufgegeben und das frei werdende Gelände der Stadt zurückgegeben, die dort dann Schrebergärten entstehen ließ. Diese Neuausrichtung war einerseits durch die zunehmend theoretische Ausbildung bedingt, andererseits konnten dadurch aus Kosten eingespart werden, die im Zuge der Krise der Landfrauenschulen in den sechziger Jahren aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge zu einem Sterben der einjährigen Landfrauenschulen der Landwirtschaftskammer führte. In Stade wurden in den Jahren 1963 bis 1970 zusätzlich Berufsfachschulklassen für Realschulabgängerinnen eingeführt. Von 1970 stieg das Interesse wieder sprunghaft an, so dass eine Parallelklasse in der Oberklasse eingerichet, und der schon seit 1938 angestrebte Erweiterungsbau für Unterrichtsräume und Lehrerinnenzimmer 1972 endlich realisiert werden konnte. Mit dem 50jährigen Jubiläum 1975 ging die aufgrund der Reform des niedersächsischen Schulgesetzes notwendige Übertragung der Trägerschaft der Schule von der Landwirtschaftskammer auf den Landkreis Stade zum 1. Januar 1976 einher, so dass alle Lehrkräfte fortan vom Niedersächsischen Kultusministerium übernommen wurden. Gleichzeitig wechselte die Leitung der Schule von Frau Müller, die in den Ruhestand ging, zu Frau Sibylle Palm, die schon lange Zeit vorher Fachlehrerin an der Schule gewesen war. Sie stand der Schule bis zum 31. Juli 1985 vor und nannte sich jetzt wie auch ihre Nachfolgerinnen Frau Koch und Frau Aszmutat-Simon Koordinatorin und wurde ab 1980 Teil der Berufsbildenden Schulen III für die ein- und zweijährige Fachschule Landwirtschaftliche Hauswirtschafterin mit den Abschlüssen "Staatlich geprüfte Wirtschafterin" (für den Einsatz in landwirtschaftlichen und städtischen Haushalten sowie zur Übernahme von Teilgebieten in Großhaushalten) und "Staatlich geprüfte ländliche Hauswirtschaftsleiterin" (für die selbständige Leitung von Großküchen und Teilbereichen von Großhaushalten wie Altenheimen etc.). Stade war damit eine von fünf zweijährigen Fachschulen in diesem Ausbildungsbereich in Niedersachsen und hatte seinen Einzugsbereich aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Dafür standen 40 Internatsplätze zur Verfügung. 1988 besuchten noch 27 Schülerinnen die zweijährige und 41 Schülerinnen die einjährige Fachschule in insgesamt drei Klassen.

Bestandsgeschichte 

Im Herbst 2020 sind durch die Schulleitung der Berufsbildenden Schulen III in Stade, zuständig für Hauswirtschaft, Gesundheitspflege und Gartenbau, Schriftgut der ehemaligen Landfrauenschule Stade später Fachschule Hauswirtschaft in Stade angeboten worden.
Es fanden sich in diversen Kellerräumen und auf dem Dachboden der ehemaligen Schule in der Wiesenstraße 16 sowie in Kellerräumen sowie Büros in der Glückstädter Straße 13 in Stade verteilt Unterlagen über alle Aspekte schulischen Lebens, leider z. T. in größerer Unordnung und auch verschmutzt. Trotzdem konnte eine aussagekräftige Überlieferung gesichert werden, die von den Anfängen der Schule im Jahr 1925 bis in die 60er Jahre einen Eindruck der Aktivitäten der Schule vermittelt. Einen Schwerpunkt bildet die Sicht der Schülerinnen, die sich in der Chronik, in den Berichten über Lehrfahrten, in Aufsatzsammlungen und Prüfungsarbeiten sowie nicht zuletzt auch in der fotografischen Dokumentation widerspiegelt. Das Schularchiv der ehemaligen Landfrauenschule bildet damit eine wichtige Überlieferung zur Frauenbildung auf dem Land.

Stade, im November 2020

Dr. Thomas Bardelle

Anfang 2023 ist noch einmal eine Nachlieferung an Akten vor allem zur Schulverwaltung hinzugekommen, die auch die Begleitung der Landfrauenschule durch Träger (Landwirtschaftskammer Hannover), Aufsicht (Regierungspräsidium Stade) sowie durch externe Kräfte (Kuratorium, Schulbeirat, Elternschaft) in den Nachkriegsjahrzehnten aufzeigt.

Stade im März 2023

Dr. Thomas Bardelle

Literatur 

Karen Nolte: Die 'neue Landfrau' und die alte 'Liebe zum Land'. Landfrauenschule im Landkreis Stade in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Stade 2000

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Regierungsbezirk Stade

Zeit von 

1947

Zeit bis 

1972

Objekt_ID 

2

Ebenen_ID 

710

Geo_ID 

710-2

Link 

Regierungsbezirk Stade