NLA OS Rep 936

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kronanwaltschaft Meppen

Laufzeit 

1822-1885

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

1852 wurden im Königreich Hannover beim Oberappellationsgericht und bei den Obergerichten Staatsanwaltschaften eingesetzt. Diese waren vor allem - aber keineswegs ausschließlich - öffentliche Anklagebehörden. Neben der gerichtlichen Polizei nahmen sie u.a. die Aufsicht über die Gefängnisse und die Dienstführung des Gerichtspersonals sowie gerichtliche Verwaltungsgeschäfte wahr. 1859 wurden die Amtstitel in Kronoberanwalt (beim Oberappellationsgericht) und Kronanwälte (bei den Obergerichten) geändert.

Die Kronanwaltschaft Meppen wurde 1852 als Staatsanwaltschaft beim Obergericht Meppen (Rep 934) eingerichtet und bestand bis zur Aufhebung des Gerichts 1875. Nachfolgebehörde wurde die Kronanwaltschaft Osnabrück (Rep 928).

Geschichte des Bestandsbildners 

1. Behördengeschichte
1.1 Justiz-und Verwaltungsreform sowie Schaffung der Kronanwaltschaft
Die Anfänge der Staatsanwaltschaft sind beim deutschen Fiskalat zu sehen, welches durch das Ancien Régime jedoch verdrängt wurde. Aber auch Impulse der französischen Staatsanwaltschaft durch die napoleonische Gesetzgebung von 1810 spielten eine Rolle. Die moderne Staatsanwaltschaft wurde erstmals am 24.12.1849 gesetzlich geregelt und muss im Zusammenhang mit der Justiz- und Verwaltungsreform von 1848 gesehen werden.
In dem Gesetz vom 5.9.1848 (HGS 1848 I S. 263) wurden die Grundsätze der neuen Gerichtsverfassung festgelegt. Neben der Aufhebung des bevorzugten Gerichtsstandes und der Einführung von Schwurgerichten war die Trennung von Justiz und Verwaltung die wichtigste Veränderung. Ferner wurde die Mündlichkeit und Öffentlichkeit in bürgerrechtlichen wie strafrechtlichen Prozessen vorgeschrieben. Durch das darauf folgende Durchführungsgesetz vom 8.11.1850 (HGS 1850 I S. 207 ff.), das auch als Gerichtsverfassungsgesetz bekannt ist, wurden erstmals die Obergerichte geschaffen. An diesen Obergerichten war die Staatsanwaltschaft angesiedelt. Ihre Aufgaben und Befugnisse wurden durch das o.g. Durchführungsgesetz von 1850 klar umrissen. Ferner wurden die Vorläufer der Obergerichte, die Justizkanzleien, aufgelöst und die Patrimonialgerichtsbarkeit (z.B. in Papenburg) aufgehoben. Eine Ausnahme bildete das Herzogtum Arenberg-Meppen, wo durch die Verordnung vom 8.8.1852 (HGS 1852 I S. 237ff.) das "Königlich-Hannoversche und Herzoglich-Arenbergische Gesa(m)mt-Obergericht Meppen" mit einer entsprechenden Staatsanwaltschaft geschaffen wurde. Das Amt Meppen, ehemals zum Niederstift Münster gehörig, wurde 1803 als Ersatz für dessen linksrheinische Verluste dem Herzog von Arenberg zugeschlagen. Nachdem 1810 dieses Gebiet dem Kaiserreich Frankreich einverleibt und von 1813 bis 1815 von Preußen verwaltet worden war, wurde es im Zuge des Wiener Kongresses dem Königreich Hannover zugesprochen, dessen Rechte in dem emsländischen Teil jedoch nicht so absolut waren wie bei den übrigen Gebietsteilen.

Durch die Verordnung vom 5.10.1827 wurde der bisherige Kreis Meppen zum "Herzogtum Arenberg-Meppen" erklärt. Es kam zu einer Sonderstellung, da der Herzog von Arenberg teilweise Standesrechte innehatte, die in 78 Artikeln (Gesetzessammlung vom 9.5.1826, Rentei Meppen) umrissen wurden. So stand er an der Spitze des Herzogtums Arenberg-Meppen und ernannte die Beamten. Allerdings waren die verbliebenen Ehrenrechte, wie z.B. die Mitgliedschaft in der 1. Kammer des Königreiches, gering. Er konnte kaum Einfluss auf sein ehemals souveränes Herzogtum nehmen. Die Staatsanwaltschaft des Obergerichtes in Meppen war nicht nur königlich-hannoversch, sondern auch herzoglich-arenbergisch und das Siegel des Gerichtes führte beide Wappen. Es gab nun einen einheitlichen Instanzenzug von den Amtsgerichten mit Vertretungen der Staatsanwaltschaft bzw. Polizeianwälten über die Staatsanwälte der Obergerichte bis hin zum Oberstaatsanwalt beim Oberappellationsgericht in Celle. Die Einführung einer neuen, einheitlichen Prozessordnung löste die bisherigen Prozessordnungen ab (Verordnungen aus der münsterschen Zeit, gemeines römisches und deutsches Recht, in Strafsachen das gemeine peinliche Recht, Carolina, calenbergsche Kriminalprozessordung). Die Mündlichkeit des Verfahrens machte die Aufstockung des Personals, das zunächst von den ehemaligen Justizkanzleien kam, erforderlich. Dies erklärt, warum es mehr Obergerichte (16, später 12) als ehemalige Justizkanzleien (10) gab. Am 25.05.1859 wurde die Staatsanwaltschaft bzw. Oberstaatsanwaltschaft in Kronanwaltschaft bzw. Oberkronanwaltschaft umbenannt (HGS 1895 I S. 663). Der Sprengel der Kronanwaltschaft Meppen umfasste kronanwaltschaftliche Vertretungen bei den hannoverschen Amtsgerichten Freren, Lingen, Bentheim, Neuenhaus und den arenbergischen Gerichten Papenburg, Aschendorf, Haselünne, Hümmling zu Sögel und Meppen.

1.2. Aufgaben, Kompetenzen und Personalstruktur
Die Kronanwaltschaft war dem Oberkronanwalt unterstellt, dieser wiederum dem Justizministerium. Die zentrale Justizverwaltungsstelle lag beim Oberkronanwalt, damit sich die Gerichte ganz auf die Rechtsprechung konzentrieren konnten. Die Aufgaben der Kronanwaltschaft lagen in der öffentlichen Anklage, gerichtlichen Polizei, Kontrolle der Geschäftsführung bei den Gerichten sowie der Aufsicht über Notare, Richter, Gerichtspersonal, Anwälte und Advokaten sowie Gefängnisse (HGS 1850 I S.369). Durch die preußische Besitznahme wurde die Dienstaufsicht der Kronanwaltschaft über das Personal dem Appellationsgericht übertragen. Alle Advokaten und Anwälte mussten Mitglied der Anwaltskammer sein. Der von der Anwaltskammer gewählte Syndikus konnte sämtliche Personen wegen Disziplinarvergehen verklagen. Die Aufgaben der Anwaltskammer lagen neben der Bildung eines Disziplinarausschusses (Disziplinarrath)in der Vertretung und Förderung des Anwalts- und Advokatenstandes, Initiative und Begutachtung von Gesetzesvorschlägen sowie Gebührensachen.
Das Obergericht, bei dem die Staatsanwaltschaft angesiedelt war, bestand aus einem von der Regierung in Hannover ernannten Präsidenten (Obergerichtsdirektor) und einem vom Herzog ernannten Vizepräsidenten (Obergerichtsvizedirektor). Weitere acht Richter (Obergerichtsräte, [Obergerichts-]assessoren) wurden wie die Referendare (Auditoren), Gerichtsschreiber (Aktuatoren), Kanzleipersonal, Gerichtsdiener und Wärter je zur Hälfte von hannoverscher und arenbergischer Seite besetzt. Während die Regierung in Hannover ein Mitglied des Gesamt-Obergerichtes als ersten Staatsanwalt und ein weiteres Mitglied als Untersuchungsrichter beauftragte, bestellte der Herzog den Vertreter des Staatsanwaltes und den zweiten Untersuchungsrichter, die jedoch - wie alle vom Herzog Ernannten - von der Regierung bestätigt werden mussten. Die vom Herzog ernannten Angestellten trugen die Bezeichnung "Standesherrliche Diener". Da sie gleichzeitig Staatsdiener waren, unterlagen sie dem Staatsdienergesetz und waren somit königlichen Dienern gleichgestellt. Bestimmte Juristen wechselten zwischen Richter- und Anwaltstätigkeit. Es gab den großen und kleinen Senat, wobei letzterer nur aus dem Präsidenten und vier bis fünf Richtern bestand. Der kleine Senat war in Zivilsachen für Rechtsstreitigkeiten miteinem Streitwert von 100-300 Talern (seit 1859 150-300 Taler) zuständig. Darunter liegende Streitfälle fielen denAmtsgerichten zu. Der Senat fungierte als Berufungsinstanz gegen Urteile und für Verfahrensbeschwerden der Amtsgerichte sowohl bei streitiger wie auch bei freiwilliger Gerichtsbarkeit. In Strafsachen vollzog er Urteil und Beschlussfassung in erster Instanz, sofern nicht das Oberappellationsgericht zuständig war. Der große Senat war für Streitigkeiten über 300 Taler zuständig sowie Berufungsinstanz gegen erstinstanzliche Urteile des kleinen Senates und Nichtigkeitsbeschwerden der Amtsgerichte. Dies galt ebenso für Strafsachen. Beide Senate entschieden jeweils über die Ablehnung von Mitgliedern des Senates und erhielten die Zuständigkeit für Steuer- und Zolldelikte. Ferner waren sie seit dem 4.9.1867 (PGS 1867 II S.144) auch für Vormundschaftssachen zuständig, was früher von den Pupillengerichten geregelt wurde. Nichtigkeitsbeschwerden gegen den großen Senat wurden am Oberappellationsgericht in Celle verhandelt. Wie bei den anderen Obergerichten gab es auch in Meppen keinen Schwurgerichtshof. Hier war Osnabrück für Meppen zuständig. Es wurden dort schwere Straffälle und bis 1859 auch politische und Pressevergehen verhandelt. Während der Schwurgerichtsprozesse half die Kronanwaltschaft Meppen durch Abordnung von Personal an das Schwurgericht in Osnabrück aus.

1.3 Auflösung durch Preußen
Die Kronanwaltschaft bestand auch nach der Annexion Hannovers durch Preußen bis 1875 fort. Zuerst wurde am 27.6.1875 (PGS 1875 S.327 ff.) die standesherrliche Gerichtsbarkeit aufgehoben und den staatlichen Gerichten übertragen. Dann erfolgte die Auflösung des Obergerichtes und somit der Staatsanwaltschaft durch die Verordnung vom 4.8.1875 (PGS 1875 S. 557 ff.). Mit Wirkung vom 1.10.1875 wurde das Obergericht Osnabrück als Nachfolgebehörde benannt. Die Auflösung der Obergerichte im Jahre 1879 und die Schaffung der acht Landgerichtsbezirke waren mit der Umstrukturierung der Amtsgerichtsbezirke verbunden und stehen im Zusammenhang mit den Gerichtsverfassungsgesetz von 1877. Während der Gerichtssprengel Papenburg um Aschendorf erweitert wurde und das Gericht Haselünne zu Meppen kam, gelangte die ehemals haselünnische Ortschaft Wachtum zum Amtsgerichtsbezirk Sögel.

Bestandsgeschichte 

2. Bestandsgeschichte
Bisher fungierte ein Ablieferungsverzeichnis als Findmittelbehelf, dessen Gliederung und Informationen jedoch die Bedürfnisse der Benutzer keinesfalls zufriedenstellen konnten. Die Akten des vorliegenden Bestandes stammen meist aus der Zeit 1852 bis 1875. Der Bestand gelangte vermutlich Ende 19. Jh./Anfang 20. Jh. ins Staatsarchiv. Er enthält einige wenige Akten der Akzession 5/1918. Sie wurden aus dem Bestand der Staatsanwaltschaft Osnabrück herausgelöst und der Kronanwaltschaft zugeführt. Der zunächst als Rep 159 Kronanwaltschaft Meppen geführte Bestand trägt heute die Bestandssignatur Rep 936. Rekonstruierte Angaben bei Signaturen sind in [ ] gesetzt. Einige Akten erfuhren eine Neuformierung, da ihre Informationen und Entstehungszusammenhänge zu verschieden waren. Ferner wurde bei einigen Akten aufgrund der vorliegenden Informationsstrukturen eine serielle Bandzählung vorgenommen. Die Akte Nr. 65 wurde aufgrund ihrer Provenienz diesem Bestand entnommen und in den Bestand der Kronanwaltschaft Osnabrück eingegliedert (Rep 928). Der Bestand der Kronanwaltschaft Meppen enthält meist nur Akten über innere Verwaltung, Aufsicht und Personalangelegenheiten. Prozesse sind nicht überliefert. Wer nach einzelnen Personen forschen möchte, muss damit rechnen, auch Bestände außerhalb des hiesigen Sprengels in Betracht ziehen zu müssen. Die Versetzungen aufgrund von Beförderungen und Amtshilfe traten häufig auf. Daher ist bei einigen Personal- und Dienstkautionsakten lediglich der Versetzungsvorgang überliefert. In den Akten sind vereinzelt Auszüge aus Gesetzessammlungen sowie die Blätter "Bemerkenswerthe Entscheidungen in Strafsachen auch sonstige Verfügungen von allgemeinen Interesse für den staats- [bzw. kron-]anwaltschaftlichen Dienst". Sie dienten der Entscheidungsfindung und sind in Fällen besonderer Häufigkeit ausgeworfen. Es wurde keine Nachkassation vorgenommen. Das bisherige Abgabeverzeichnis war als Klassifikationsgrundlage nicht geeignet. Die Klassifikation orientiert sich daher am abgeschlossenen Bestand und spiegelt durch die Punkte innere Verwaltung, Personalverwaltung, Durchführung von Gesetzen sowie Aufsicht und Kontrolle die Aufgaben der Behörde wider.

Die Verzeichnung wurde im September/Oktober 2001 durch den Archivinspektoranwärter Christoph Brunken erstellt.

Alte Bestandssignatur (1917): Rep 154 f)

Literatur 

- Bär, Max: Abriß einer Verwaltungsgeschichte des Regierungsbezirkes Osnabrück. Hannover, Leipzig 1901.
- Behnes, Jürgen: Beiträge zur Geschichte von Aschendorf insbesondere als Gerichtsort und von seinen Richten. In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatvereins Bd. 10. Meppen 1963.
- Böckermann, Franz J.: Aus der Geschichte des Gerichtswesens im Herzogtum Arenberg-Meppen. In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes Bd. 31. Sögel 1985.
- Carsten, Ernst: Die Geschichte der Staatsanwaltschaft in Deutschland. Neudruck der Ausgabe Breslau 1932. Aalen 1971.
- Haack, Gerhard: Zur Historischen Entwicklung der Rechtspflege im Landgerichtsbezirk Osnabrück bis zu den Reichsjustizgesetzen. In: 175 Jahre Oberlandesgericht Oldenburg. Festschrift 1989.
- Leonhardt, Adolph (Hrsg.): Die Justizgesetzgebung des Königreiches Hannover Bd. 1. Hannover 1859.
- Ordemann, Walter: Die Anwaltskammer Meppen im vorigen Jahrhundert. In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes Bd. 44. Sögel 1998.
- Sammlung der Gesetze, Verordnungen und Aussschreiben für das Königreich Hannover. Hannover, 1848-1852 (=HGS)
- Gesetzessammlung für die Königlichen Preußischen Staaten. Berlin 1866 - 1875 (=PGS)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Als Vorläuferbehörden kommen Rep 932 Justizkanzlei Haselünne und Rep 930 Justizkanzlei Bentheim in Betracht. Die Nachfolgebehörde ist Rep 940 Landgericht Osnabrück bzw. Rep 945 Staatsanwaltschaft Osnabrück. In jedem Fall ist das Obergericht Meppen (Rep 934) in Betracht zu ziehen. Ergänzend ist ein Blick in Rep 925 Obergericht Osnabrück und Rep 990 Anwaltskammer Meppen-Osnabrück zu werfen. Die Akten der jeweiligen Amtsgerichte (Rep 950) könnten in Einzelfällen ebenfalls von Belang sein.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet