NLA OL Best. 28

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Oldenburgische Armenverwaltungen und Stipendien

Laufzeit 

1647-1954

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

In diesem Bestand sind die Bestände der Armen- und Waisenhäuser und der Stipendien zusammengefasst.

Beschreibung 

Best. 28 und Best. 28 Urk Oldenburgische Armenverwaltungen und Stipendien
Zeit: 1600-1954

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Stiftungen sind Ausdruck der praktischen Nächstenliebe und Fürsorge seit der Reformationszeit. Die Verwaltung der Stiftungen ging im Laufe der Zeit immer stärker von der Kirche auf den Staat über und in jüngerer Zeit auf die kommunale Selbstverwaltung. Den meisten Stiftungen ging praktisch u.a. durch Fehlspekulationen in Nordamerika im 19. Jahrhundert, aber auch durch Inflation das Geld aus, sie mussten dann auch aufgelöst werden.

Das Waisenhaus in Varel verdankt seine Entstehung einer Stiftung des Reichsgrafen Anton I. von Aldenburg aus dem Jahr 1671/77. Der illegitime Sohn des Grafen Anton Günther von Oldenburg wollte damit seine Dankbarkeit gegenüber Gott sowie seinem Vater ausdrücken, da dieser ihn in seinem Testament u.a. mit der Herrschaft Varel reich bedacht hatte. Die Inschrift über dem Türbogen der Haupttür "QUID RETRIBUAM DOMINO A[NN]O 1671" (Psalm 115.3 [Vulgata] - sinngemäß übersetzt: "Wie soll ich mich dem Herrn dankbar erweisen") legt davon Zeugnis ab. In der Stiftungsurkunde wurde festgelegt, dass bis zu hundert Waisen und arme Kinder aufzunehmen seien. Heute ist das Waisenstift ein heilpädagogisches Kinderheim. 1980 wurden auf dem Heimgelände drei Wohnhäuser für die Kinder neu errichtet. Seit 1996 ist das 1671 vollendete Waisenhausgebäude ein Denkmal von nationalem Rang. Der Backsteinbau, der mit holländischem Einfluss im Übergangsstil von Renaissance und Barock errichtet wurde, wurde in den 1990er Jahren grundlegend saniert und restauriert.

Im Zuge der Reformation und den geistigen wie auch politischen Umbrüchen hatte sich Graf Anton I. von Oldenburg geistlichen Besitz angeeignet, darunter auch Klöster mit ihren Besitzungen, Kleinodien und sakralen Gegenständen. Auch das 1290 von Graf Johann II. von Oldenburg gegründete und 1291 von Papst Nikolaus IV. bestätigte Frauenkloster Blankenburg war davon betroffen. Anfangs waren es Augustinerinnen, zuletzt aber Dominikanerinnen, die das Kloster Blankenburg betrieben. Auf Veranlassung des Grafen Anton I. von Oldenburg wurde das Kloster 1527 aufgelöst und zu einem Vorwerk mit einem Malz- und Brauwerk umgestaltet. Graf Anton Günther stiftete aus dem Besitz des ehemaligen Klosters 1632 das "Armen- und Waisenhaus Kloster Blankenburg", das seit 1684 auch zur Unterbringung von geistig Behinderten genutzt wurde. Ab 1859 erhielt Blankenburg den "Status der Bewahr- und Pflegeanstalt" und wurde entsprechend umgebaut. Die Anstalt bestand bis 1935. Dann erfolgten vielfältige Umnutzungen durch das NS-Regime, insbesondere durch die SA. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden schließlich auf dem Blankenburger Gelände weitere eingeschossige Gebäude errichtet und als Lazarett der Kriegsmarine genutzt. Schließlich wurden aus der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen Kranke nach Blankenburg verlegt. 1937 folgten Patienten des Gertrudenheims in Oldenburg. 1941 wurden die 253 Insassen im Rahmen der "Euthanasie"-Befehle verlegt und wohl alle ermordet. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Gebäude zur Unterbringung von Patienten bombengeschädigter Bremer Krankenhäuser, anschließend als Tuberkulose-Krankenhaus und Psychiatrische Klinik genutzt. Ab 1957 übernahm die "Städtische Nervenklinik" Bremen die Liegenschaft als Pächterin. Die Klinik wurde Ende 1988 geschlossen.

Seit Oktober 1989 befindet sich in dem ehemaligen Kloster die Zentrale Anlaufstelle für Zuwanderer. Es wurden zahlreiche Flüchtlinge aus der damaligen DDR aufgenommen, dann folgten Aussiedler vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion. Bis Juli 1990 wurden rund 12.000 Menschen vorübergehend im Kloster Blankenburg untergebracht. Schließlich wurde Blankenburg am 1. November 1990 neben Braunschweig in Niedersachsen die zweite Zentrale Anlaufstelle (ZAST) für Zuwanderer nichtdeutscher Nationalität.

Das 1659 ebenfalls von Graf Anton Günther gegründeten Hospital Hofswürden in Butjadingen wurde bereits 1684/85 wegen Sturmflutschäden wieder aufgehoben; die Einkünfte aus den Liegenschaften des Gründungsfonds, darunter auch die Mühle, wurden dem Kloster Blankenburg zugelegt. Die Butjadinger erhielten in Blankenburg wegen des Übergangs der Einkünfte 24 kostenlose Krankenplätze.

Durch das Testament des Gerhard Bohlken, Pastor in Jade, und seiner Ehefrau Sabina, verw. Nottelmann, geb. Bremers, vom 27. Dezember 1735 wurde der Bohlkensche Stipendienfonds (Best. 28-13) begründet, dessen Aufgabe es war, notleidende Menschen und arme begabte Studenten zu unterstützen.

Der Lindernsche Stipendienfonds (Best. 28-16) wurde von Barbara von Lindern für verwaiste und unbemittelte Pastorensöhne aus dem Gebiet der einstigen Grafschaft Delmenhorst, die Theologie studieren wollten, eingerichtet. Die Stifterin war Witwe von Diederich von Lindern (1632-1691), Pastor in Schönemoor.

Der Brandensteinsche Stipendienfonds (Best. 28-17) wurde von Karl Ludwig Friedrich Josef Freiherr von Brandenstein (1760-1847) gestiftet. Nach einer Beamtenkarriere wurde der aus Hessen stammende von Brandenstein 1814 Präsident des Oberappellationsgerichts, dann Geheimer Rat und Staatsminister und schließlich Vorsitzender der oldenburgischen Regierung für den Landesteil Oldenburg; er stiftete ein Drittel seines ansehnlichen Vermögens für wohltätige Zwecke.

Bestandsgeschichte 

Weitere Stiftungen für Arme und Bedürftige in Stadt und Land Oldenburg sind zwar bekannt, aber sie haben keine bestandsbildende Überlieferung hinterlassen. Dennoch sollen sie hier genannt werden, da sie in der Gesamtüberlieferung - wenn auch selten und in Einzelschreiben - greifbar werden: Armenhaus St. Gertrud in Oldenburg, Elternlose Kinderfonds, Schüttescher Fonds, Wardenburgscher Fonds (gestiftet von Generalmajor Wilhelm Gustav Friedrich von Wardenburg 1781-1838), Büssingscher Fonds und Löningsches Armen- und Witwenvermächtnis. Zu einer Bestandbildung ist es ebenfalls nicht für das Heilige Geist-Hospital Oldenburg (ab 1580) und für das Armenhaus Neuenburg gekommen; ersatzweise sind die Überlieferung der Stadt Oldenburg (Dep 10) und die Akten der Amtsvogtei Neuenburg im Best. 75 (Oldenburgische Vogteien) heranzuziehen.

Enthält 

Waisenhaus Varel: Errichtung und Ausstattung 1677-1861 (12); Vermögen und Patrimonium des Waisenhauses 1679-1915 (144); Haushaltswesen, Kassensachen 1677-1891 (220); Verwaltung des Reformierten Armenfonds 1735-1841 (103); Verwaltung des Wolff'schen Legats 1773-1856 (68); Administration und Verwaltung, Bediente 1714-1886 (64); Arme und Waisen, Aufnahme und Entlassung 1693-1920 (85); Prozesse und Gerichtssachen 1730-1867 (31); Schulangelegenheiten 1715-1869 (7); Bäche, Wasserzüge und Brücken 1707-1890 (3); Subsidialschreiben und sonstige Korrespondenzen 1714-1890 (27).
Armenhaus Kloster Blankenburg: Urkunden: 1632-1688 (5); Gründung und Anfänge 1632-1773 (7); Einnahmen aus Abgaben, Bruchgeldern, Pachtungen, Darlehen 1631-1849 (89); Rechnungs- und Kassenwesen 1616-1831 (384); allgemeine Verwaltung und Personalsachen 1612-1828 (68); Aufnahme und Versorgung Kranker, Entlassung 1632-1826 (105); gerichtliche Auseinandersetzung und andere Streitfälle 1661-1848 (66); Instandhaltung und Reparaturen, Inventarsachen, Wege 1666-1849 (20); Tagesablauf 1771-1781 (1); Brauwesen 1644-1677 (2); Deich- und Sielsachen 1601-1824 (14); Zollfreiheiten, Erb- und Rechtsansprüche 1657-1803 (10); Immobilienverkauf 1726-1797 (2); Grenzregelungen und Forstsachen 1688-1786 (6).

Hospital Hofswürden: Urkunden 1659-1687 (4); Anfänge und Ausstattung 1652-1693 (3); Einkünfte, Haushalts- und Kassenwesen 1652-1847 (62); Armensachen 1667-1681 (1); Mühlen 1600-1784 (5); Prozesse und Gerichtssachen 1700-1739 (2); Weinkauf 1665-1689 (6); Obligationen 1681-1711 (2); Hebungsregister 1681-1736 (36); Deich- und Sielwesen 1685-1717 (1);
Bohlkenscher Stipendienfonds 1705-1954 (34); Brandenstein'scher Stipendienfonds 1846-1921 (20); von Lindern'scher Stipendienfonds 1750-1822 (20). Best. 20 (Grafschaft Oldenburg); Best. 73 (Konsistorium Oldenburg); Best. 74 (Ältere Land-, Stadt- und Amtsgerichte); Best. 78 (Jüngere Landgerichte); Best. 70 (Regierung Oldenburg); Best. 76-9 (Amt Oldenburg); Best. 76-12 (Amt Varel); Best. 120 (Herrschaft Varel-Kniphausen); Best. 121 (Kammern Varel-Kniphausen); Best. 122 (Landgericht und Kanzlei Varel-Kniphausen); Best. 123 (Konsistorium Varel-Kniphausen); Rep 950 (Amtsgerichte, vorwiegend Oldenburg und Varel); Best. 136 (Oldenburgisches Innenministerium); Dep 10 (Stadt Oldenburg); Dep 60 (Evangelisch-lutherische Landeskirche Oldenburg); Dep 61 (Evangelische Pfarrämter).

Literatur 

Ruhstrat, Nachrichten über die unter der Verwaltung der Großherzoglichen Commission für die Verwaltung der Fonds und milden Stiftungen stehenden Fonds und deren Verwendung, in: Zeitschrift für Verwaltung und Rechtspflege 25 (1898); Emil Pleitner, Kloster Blankenburg, in: Nachrichten für Stadt und Land, 26. Juni 1924 ff.; Ludwig Schauenburg, Geschichte des oldenburgischen Armenwesens von der Reformation bis zum Tode Anton Günthers, in: Oldenburger Jahrbuch 7 (1898), S. 1-74; Barnstedt, Mitteilungen aus der Geschichte und über die Einrichtung des Waisenhauses Varel, in: Ido Jürgens, Wirtschafts- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Varel, Oldenburg 1908, S. 149, A 69. Abdruck der Stiftungsurkunde des Vareler Waisenhauses in: Unterhaltungsblatt 1847 Nr. 4, zitiert bei Paul Henk, Allgemeine und gemeinpolitische Geschichte der Stadt Varel, Varel 1920, S. 183; Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg, hg. von Hans Friedl (u.a.), Oldenburg 1992, S. 93- 94 (von Brandenstein), 115-117 (Büssing) und 778-780 (Wardenburg).

Findmittel 

Erschließung: Archivdatenbank/Internet

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

40,7; 1739 Verzeichnungseinheiten (1729 Akten und 9 Urkunden)

Benutzung 

Lagerungsbestand: auch Best. 124 (1 Nummer)

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet