NLA HA Hann. 320/IV

  • Zugeordnete Objekte zeigen
  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Studentenschaft und NS- Studentenbund der TH Hannover

Laufzeit 

1880-1940

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Der vorliegende Bestand mit einem Umfang von 4 lfd. Metern wurde am 26. Juli 1951 in das Staatsarchiv in Hannover übernommen. (Acc. 54/1951; vgl. STA-Nr. 2204/54, Dienstakte Hann. 1/3 Spez. E 3 vol. I). Vor der Übernahme wurden insgesamt etwa 21 Ordner, 70 Hefte, Bündel und Mappen, 6 Bücher und eine Personalkartei des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) mit kurzen Angaben über Mitgliedschaften vom Staatsarchiv als nicht archivwürdig zur Kassation freigeben. Im einzelnen handelt es sich bei dem kassierten Material um alle Formalien und Einzelvorgänge zu den verschiedenen Sachgruppen dieses Bestandes wie z.B. Meldungen zum NSDStB, zur Erntehilfe, zum Arbeitsdienst usw., ferner Anträge auf Befreiung vom Dienst (u.a. SA, Arbeitsdienst, Fachschaftsarbeit), Wochendienstpläne der Kameradschaft (nur einige Beispiele wurden übernommen), Disziplinarsachen in belanglosen Angelegenheiten (u.a. Fehlen bei Kundgebungen, Ausmärschen), Fragebogen, Kassensachen (u.a. Einzelabrechnungen, Belege), Ahnennachweisangelegenheiten, Beteiligung an Winterhilfswerksammlungen, Reichsgründungsfeier, Geschäftliches (Verkehr mit Firmen) usw. Somit ist nur etwa die Hälfte des ursprünglichen Gesamtbestandes ist das Staatsarchiv in Hannover gelangt. Die kassierten Akten gehörten offenbar überwiegend in die Provenienzsparte Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund.

Der Bestand vereinigt zwei verschiedene Provenienzen in sich: die Registratur der (Deutschen) Studentenschaft (D.St.) sowie das Schriftgut des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) an der Technischen Hochschule in Hannover. Die Überlieferung der Studentenschaft setzt im vorliegenden Bestand bereits 1880 ein und endet 1939, während die Akten des NSDStB erst 1929 beginnen und mit dem Jahre 1939 aufhören. Für die Jahre 1912 bis 1919 besteht eine Überlieferungslücke. Etwa 29 Akteneinheiten, d.h. weniger als ein Drittel, entfallen auf den NSDStB, der Rest auf die Studentenschaft, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass etwa 100 Schriftguteinheiten der NSDStB vorab kassiert worden sind. Es handelt sich demnach provenienzmäßig um einen Mischbestand. Eine Aufteilung in zwei verschiedene Bestände erwies sich bei der Neuordnung als untunlich, da verschiedene Aktenbände kombiniert sowohl von der Deutschen Studentenschaft wie vom NSDStB geführt worden sind, was schon aus den Aufschriften der Ordner deutliche wurde (vgl. Hann. 320, IV Nr. 17 bzw. Nr. 49). Die Aufteilung hätte ferner nur einen Zwergbestand NSDStB ergeben.

Vor der Neuordnung bildete der Bestand ein völliges Durcheinander. Ein Teil der Akten befand sich in Ordnern oder war lose in Umschläge eingelegt, z.T. fanden sich nur zu Blätterkonglomeraten aufgelöste Papierstapel vor. Die Beschriftung der Ordner war äußerst dürftig. Der NSDStB hatte teilweise Umbettungen vorgenommen und in ältere, bereits beschriftete Ordner nach Ausleerung neues Schriftgut hineingestopft.

Die Studentenschaft der Technischen Hochschule Hannover besteht als kontinuierliche Vertretung der Studenten erst seit 1918. Vorläufer waren der "Polytechnische Ausschuß", der seit 1867 die korporierten Studenten vertrat und verschiedene Ämter (u.a. ein Arbeitsamt) einrichtete. Die Nichtkorporierten schlossen sich 1905 zur "Freien Studentenschaft" zusammen, die über ein Studienamt, ein Bücheramt, ein Wohnungsamt u.ä. verfügte. Ein 1897 gegründeter "Ausschuss der Studierenden der Technischen Hochschule Hannover" vertrat bis 1903 die überwiegende Masse der Studenten, nach seiner 1905 erfolgten Umbenennung in "Studentenverband an der Technischen Hochschule Hannover" jedoch nicht mehr die konfessionellen Korporationen.

Seit 1918 besteht ein "Allgemeiner Studentenausschuss (Asta)" an der Technischen Hochschule Hannover, der bis Februar 1920 nicht aus allgemeinen Wahlen hervorging, sondern in den die Verbindungen (bis Februar 1919 nur die nichtkonfessionellen) ihre Vertreter entsandten, wie es vor dem Ersten Weltkrieg schon üblich war. Anstelle der Studentenvollversammlungen trat als Studentenparlament die "Kammer". Der ersten aus allgemeiner und direkter Wahl hervorgegangene Asta bestand im Februar 1920. An Einrichtungen schuf der Asta u.a. das Vergünstigungsamt, ein Arbeitsamt, die Praktikantenvermittlungsstelle, ein Kriegsteilnehmeramt, einen Ausschuss für Hochschulreform, einen Ausschuss für Leibesübungen und das Wirtschaftsamt (seit 1921 rechtsfähiger Verein "Studentenhilfe"). Das Fachamt mit den Fachausschüssen als Unterabteilungen für die verschiedenen Fachrichtungen der einzelnen Fakultäten war für Studien- und Hochschulangelegenheiten zuständig. Die studentische Selbstverwaltung - konzentriert in der Wirtschaftshilfe, der Fachberatung und der Pflege der Leibesübungen (als Ersatz für den Fortfall der allgemeinen Wehrpflicht) - wurde 1920 staatlich anerkannt, wodurch die Studentenschaft eine verfassungsmäßige Hochschuleinrichtung wurde, der alle Studenten angehören mussten. Im September 1927 wurde diese staatliche Anerkennung aufgehoben, wonach sich in Preußen "freie Studentenschaften" bildeten. Die "Deutsche Studentenschaft der Technischen Hochschule" setzte die Arbeit der früher staatlich anerkannten "Studentenschaft" mit einer großen Anzahl von Ämtern fort, wie dem Auslandsamt, dem Nachrichtenamt, dem Amt für politische Bildung, dem Hochschularchiv, obersten Ehrenrat, Spruchhof usw. Die Mitgliedschaft bei der Studentenschaft war ab 1927 wieder freiwillig.

Der Gesamtverband Deutsche Studentenschaft ist der Zusammenschluss der Einzelstudentenschaften an den Hochschulen des deutschen Sprachgebiets. Zwischen dem Zentralverband und den Einzelstudentenschaften der jeweiligen Hochschulen stehen als Mittelinstanz10 Kreise, bei denen gemeinsame Angelegenheiten der einzelnen Bezirke bearbeitet werden. Die Deutsche Studentenschaft hatte für die verschiedenen Aufgabenbereiche einzelne Ämter, denen im Prinzip analoge Ämter bei den Einzelstudentenschaften entsprachen, die hier je nach Bedarf vermehrt, vermindert oder abgewandelt werden konnten.

Die Zusammensetzung und die Bezeichnung für die einzelnen Ämter und Organisationseinheiten der Studentenschaft an der Technischen Hochschule Hannover wechselten, wie die für die NS-Zeit erhaltenen Aktenpläne ausweisen. Ein Organisationsplan vom Juni 1934 zeigt folgende Gliederung, die im Grundzug der Organisationsstruktur des Dachverbandes entspricht (vgl. Hann. 320 IV Nr. 44):

Hauptamt I für politische Schulung
1) Amt für politische Schulung
2) Amt für Arbeitsdienst
3) Amt für Leibesübungen
4) Amt für Wissenschaft
5) Amt für Kameradschaftsangelegenheiten (d.h. Korporationen)

Hauptamt II: Außenamt

Hauptamt III für studentische Wirtschaftsfragen

Hauptamt IV für Kasse und Verwaltung

Hauptamt V für Aufklärung und Werbung

Hauptamt VI für Studentinnen

Bereits im Oktober 1934 hat sich der Aufbau wieder folgendermaßen geändert (vgl. Hann. 320 IV Nr. 17):

Führung
Organisationsamt
Amt für Arbeitsdienst
Amt für Kameradschaftserziehung
Amt für Leibesübungen
Hauptamt I für Wissenschaft
Hauptamt II: Außenamt
Hauptamt III für Wirtschaftsfragen
Hauptamt IV für Kasse und Verwaltung
Hauptamt V für Presse, Buch und Propaganda Hauptamt für Studentinnen

Detaillierte Aktenpläne dieser Ämter finden sich für den genannten Zeitraum im Aktenband Hann. 320 IV Nr. 17.

Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund ist im Jahre 1926 gegründet worden. Er übernahm bereits 1931 die Führung der Deutschen Studentenschaft, die 1933 gleichgeschaltet wurde. Im Jahre 1936 wurden der NSDStB als Parteigliederung und die staatliche Deutsche Studentenschaft in der Reichsstudentenführung, einem Hauptamt der NSDAP, unter Reichsstudentenführer Scheel zusammengefasst, blieben aber weiterhin getrennte Einrichtungen. Das Reichsgesetz über die Bildung von Studentenschaften vom 22. April 1933 erhob die bis dahin freiwillig bestehende Studentenschaft zu einer Zwangseinrichtung, in der die nicht vom NSDStB erfaßten Studenten staatlich kontrolliert werden konnten.

Insgesamt 36 Akteneinheiten des vorliegenden Bestandes sind von Herrn Dr. Merker geordnet und verzeichnet worden. Die Ordnung und Verzeichnung der restlichen 71 Faszikel sowie die Erstellung des maschinenschriftlichen Findbuchs nahm der Unterzeichnet vor.

Der Aktenband Hann. 320 IV Nr. 86 ist im Jahre 1968 vom Bundesarchiv in Koblenz an das Hauptstaatsarchiv in Hannover angegeben worden (vgl. Tgb.-Nr. 2618/68).

Abschließend sei hervorgehoben, dass dem vorliegenden Bestand hinsichtlich des authentischen Materials über den studentischen Kampf gegen Professor Theodor Lessing, der bekanntlich im ganzen Reichsgebiet Aufmerksamkeit erregte, auch eine gewisse überlokale Bedeutung zu kommt.

Stand: Juni 1975

Enthält 

Deutsche Studentenschaft, Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund, studentische Ämter, politische Schulungen, Studentenkorporationen, Kameradschaftserziehung, Kampf gegen Prof. Theodor Lessing, Korrespondenz mit dem Rektor der Technischen Hochschule und der Studentenführung des Deutschen Studentenbundes in Berlin sowie des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes in München

Literatur 

Faust, Anselm, Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund, Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik, Bd. 1, Düsseldorf 1973

100 Jahre Technische Hochschule Hannover, Hannover 1931

125 Jahre Technische Hochschule Hannover 1831-1956, Hannover 1956

Kater, Michael H., Der NS-Studentenbund von 1926 bis 1928: Randgruppe zwischen Hitler und Strasser in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 22. Jahrgang, 1974, S. 148-190

Klein, L., Akademischen Leben und Akademische Gemeinschaftsarbeit in: 100 Jahre Technische Hochschule Hannover, Hannover 1931, S. 368-390

Nier, J., Geschichte der Studentenschaft in: 125 Jahre 125 Jahre Technische Hochschule Hannover 1831-1956, Hannover 1956, S. 251-254

Schwarz, Jürgen, Studenten in der Weimarer Republik. Die Deutsche Studentenschaft in der Zeit von 1918 bis 1923 und ihre Stellung zur Politik, Berlin 1971

Ssymnak, Paul, Die Studentenschaft der Technischen Hochschule im Wandel der Zeit in: Hannoversche Hochschulblätter, Sem. 14, 1931, S. 2-6

Strätz, Hans-Wolfgang, Archiv der ehemaligen Reichsstudentenführung in Würzburg in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 15. Jahrgang, 1967, S. 106 f.

Findmittel 

EDV-Findbuch (2003)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Bundearchiv in Koblenz, Abteilung Frankfurt: Bestand "Deutsche Studentenschaft (1919-1933)", Umfang 110 Pakete

Bundesarchiv in Koblenz: Bestand "NS 38 Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund/Reichsstudentenführung (1933-1939)", Umfang 5 Pakete

Universitätsbibliothek Würzburg: Archiv der ehemaligen Reichsstudentenführung, Umfang 2000 Ordner

Institut für Zeitgeschichte in München: Drucksachen des NSDStB

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

2,7

Bearbeiter 

Dr. Dieter Lent (1975)

Benutzung 

Das Archivgut kann im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutz- und Sperrfristen nach §5 Niedersächsisches Archivgesetz (NArchG) eingesehen werden.

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Hannover, Stadt [Wohnplatz]

Zeit von 

1

Zeit bis 

1

Objekt_ID 

2369

Ebenen_ID 

1

Geo_ID 

1-2369

Link 

Hannover, Stadt [Wohnplatz]