NLA ST Rep. 71 Verden

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Obergericht Verden 1852-1879

Laufzeit 

1823-1875

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Einrichtung und Organisation, Zivilprozeßakten
Findmittel: EDV-Findbuch 2001/02
Umfang: 0,6 lfdm

Bestandsgeschichte 

1. Zur Geschichte des Obergerichts Verden

Im Rahmen der Verwaltungs- und Justizreform im Königreich
Hannover zwischen 1848 und 1852 kam es zur endgültigen Tren-
nung von Justiz und Verwaltung. Das Landesverfassungsgesetz
vom 5. September 1848 hob die Rechtsprechung der Ämter auf.
Gestützt auf das Gerichtsverfassungsgesetz vom 8. November
1850 sah dann die entsprechende Verordnung vom 7. August
1852 für den Landdrosteibezirk Stade die Einrichtung von 27
Amtsgerichten mit Wirkung zum 1. Oktober 1852 vor.

Auf der mittleren Justizebene hatte die Reform für den Land-
drosteibezirk Stade zur Folge, daß die seit 1652 bestehende
Justizkanzlei Stade, die für den ganzen Bereich der Herzog-
tümer Bremen und Verden zuständig gewesen war, aufgehoben
wurde. An ihre Stelle traten mit Wirkung zum 1. November
1852 das kleine Obergericht Lehe sowie die großen Oberge-
richte Stade und Verden. Appellationsinstanz für die großen
Obergerichte war - wie bislang für die Justizkanzlei - das
Oberappellationsgericht bzw. Appellationsgericht in Celle,
während das Obergericht Verden Appellationsinstanz für das
kleine Obergericht Lehe war.

Das Personal des Obergerichts Verden bestand aus dem Präsi-
denten, dem Vizepräsidenten, fünf bis sechs Obergerichts-
räten und einem bis zwei Obergerichtsassessoren als Richter.
Von diesen Richtern wurden die Senate gebildet. Ein großer
Senat wurde von fünf, ein kleiner Senat von drei Richtern
gebildet. Für Sekretariat-, Kanzlei- und Botendienste stan-
den u. a. im Jahr 1870 zwei Obergerichtssekretäre, ein Kanz-
leiinspektor, ein Kanzleiexpedient sowie drei Gerichtsvögte
zur Verfügung. Wie bei den anderen hannoverschen Oberge-
richten wurde auch beim Obergericht Verden eine Kronanwalt-
schaft, die Vorläuferin der heutigen Staatsanwaltschaft,
eingerichtet.

Die Zuständigkeit des Obergerichts Verden in Strafsachen
betraf

schweren Diebstahl und schwere Hehlerei, einfachen
Diebstahl und einfache Hehlerei im Wiederholungsfall sowie
gewohnheitsmäßige Hehlerei. Außerdem war das Obergericht
zuständig für alle Straftaten von Personen, die das 16.
Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

In Zivilsachen war das Obergericht in 1. Instanz zuständig
für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für welche nicht
die Amtsgerichte zuständig waren, sowie für Ehe- und Ver-
löbnissachen. In 2. Instanz war es Appellationsinstanz für
Entscheidungen der zehn Amtsgerichte Achim, Blumenthal, Le-
sum, Lilienthal, Osterholz, Ottersberg, Rotenburg, Schnever-
dingen, Verden und Zeven in Sachen der strittigen und frei-
willigen Gerichtsbarkeit.

Bereits nach nur sieben Jahren wurde die 1852 entstandene
Justizlandschaft wieder umgestaltet. Durch die Verordnung
vom 31. März 1859 wurden u. a. im Zuständigkeitsbereich des
Obergerichts Verden die Amtsgerichte Lesum, Ottersberg und
Schneverdingen aufgehoben; Schneverdingen wurde außerdem dem
Landdrosteibezirk Lüneburg zugewiesen. Auswirkungen auf die
Zuständigkeit des Verdener Obergerichts hatte auch die Auf-
hebung des Obergerichts Lehe.

Das Obergericht Lehe, ein sogenanntes kleines Obergericht
mit nur einem Senat, war 1852 als Appellationsinstanz für
die sechs Amtsgerichte Bederkesa, Beverstedt, Dorum, Hagen,
Lehe und Otterndorf eingerichtet worden. Bereits im Rahmen
der erneuten Reform von Justizwesen und Verwaltung im Jahr
1859 wurde das Obergericht Lehe durch Verordnung vom 3. März
1859 aufgelöst. Auch die Amtsgerichte Bederkesa und Bever-
stedt wurden aufgehoben; das Amtsgericht Otterndorf wurde
dem Obergericht Stade unterstellt, während das Obergericht
Verden für die Amtsgerichte Dorum, Hagen und Lehe zuständig
wurde. Die zwei Fach Akten des Obergerichts Lehe, die sich
nach Weise angeblich in Verden vorgefunden haben

sollen,
lassen sich nicht mehr feststellen.

Nach der Reform von 1859 war das Obergericht Verden Appel-
lationsinstanz für die neun Amtsgerichte Achim, Blumenthal,
Dorum, Hagen, Lehe, Lilienthal, Osterholz, Rotenburg und
Verden. In dieser Form sollte das Obergericht Verden 30
Jahre lang bestehen; hinzu kam lediglich 1864/65 die Zustän-
digkeit für das neuerrichtete Amtsgericht Geestemünde.

Als Folge des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27.
Januar 1877 in Verbindung mit dem Preußischen Ausführungs-
gesetz vom 24. April 1878 wurde die Gerichtslandschaft in
der nunmehrigen preußischen Provinz Hannover ein weiteres
Mal umgestaltet. An die Stelle der hannoverschen Oberge-
richte traten mit Wirkung zum 1. Oktober 1879 Landgerichte
nach preußischem Vorbild. Seit dem 1. Oktober 1879 ist somit
das Landgericht Verden (Rep. 171 Verden) Nachfolgeorganisa-
tion des Obergerichts Verden.


2. Zur Überlieferungsgeschichte des Bestandes

Die Überlieferung des Obergerichts Verden im Niedersächsi-
schen Staatsarchiv Stade umfaßt 26 Akten (= 0,6 lfdm) aus
den Jahren 1822 bis 1875, darunter z. T. Akten von Prozes-
sen, die bei der Justizkanzlei Stade als Vorgängerinstitu-
tion anhängig gewesen waren und vom Obergericht Verden wei-
tergeführt wurden. Abschriftlich reicht die Überlieferung
bis zum Jahr 1652 zurück. Mit Ausnahme der Akten über die
Einrichtung der Diensträume des Obergerichts (Nr. 21 - 23)
enthält der Bestand ausschließlich Prozeßakten der Zivil-
gerichtsbarkeit.

Etwa die Hälfte des Bestandes (Nr. 1 - 14) war gegen Ende
des 19. Jahrhunderts vom Landgericht Verden an das damals
zuständige Staatsarchiv Hannover abgegeben worden. Nach der
Wiedererrichtung des Staatsarchivs Stade im Jahr 1959 wurden
die Akten 1964 von Hannover nach Stade überführt. Zuwachs
erhielt der Bestand vor allem im Jahr 1991 durch die prove-
nienzmäßige

Aussonderung von Akten aus dem Bestand Rep. 30
(Stader Akten der braunschweig-lüneburgischen Besetzung
1675-1680; Nr. 15 - 18 und Nr. 20) sowie durch provenienz-
mäßige Aussonderung bei der Neuverzeichung des Bestandes
Rep. 80 S (Landdrostei/Regierungspräsident Stade, Schul-
sachen; Nr. 19). Die aus der Überlieferung des hannoverschen
Finanzministeriums stammenden Akten betreffend die Einrich-
tung der Diensträume des Obergerichts (Nr. 21 - 23) wurden
erst 1997 vom Landgericht Verden an das Staatsarchiv abge-
geben (acc. 54/97). Im Frühling 2002 wurden zwei Akten aus
einer Abgabe der ehemaligen Stader Bezirksregierung dem
Bestand hinzugefügt sowie ein provenienzmäßiger Irrläufer
aus dem Bestand Rep. 31 (Geheime Räte in Hannover betref-
fend die Herzogtümer Bremen und Verden) zurückgeführt.

Nachdem die Akten des Obergerichts Verden bereits in den
1970er Jahren von Paul Dubielzig auf Karteikarten verzeich-
net worden waren, wurde der Bestand im Januar 2001 von Dr.
Christian Hoffmann provenienzmäßig bereinigt und neu ver-
zeichnet, wobei die Numerierung der Akten verändert worden
ist. Für die 1991 aus dem Bestand Rep. 30 ausgesonderten
Akten ergeben sich daraus folgende neue Signaturen:

ursprünglich: 1991: seit 2001:
Rep. 30/19b/2 Rep. 71 Verden 7 Rep. 71 Verden Nr. 15-16
Rep. 30/7/3 Rep. 71 Verden 8 Rep. 71 Verden Nr. 18
Rep. 30/8d/1 Rep. 71 Verden 9 Rep. 71 Verden Nr. 17
Rep. 30/24/6 Rep. 71 Verden 10 Rep. 70 Nr. 2138
Rep. 30/38/1a Rep. 71 Verden 11 Rep. 70 Nr. 2140
Rep. 30/38/26 Rep. 71 Verden 12 Rep. 70 Nr. 2141
Rep. 30/38/3 Rep. 71 Verden 13 Rep. 71 Verden Nr. 20

Die frühere Akte Rep. 80 S Tit. 27 Nr. 9, die zunächst als
Nr. 14 dem Bestand Rep. 71 Verden hinzugefügt worden war,
findet sich jetzt unter der Signatur Rep. 71 Verden Nr. 19.
Die frühere Akte Rep. 31 Tit. 44m Nr. 26 findet sich

jetzt
unter der Signatur Rep. 71 Verden Nr. 26.


3. Literatur:

Max Bär, Übersicht über die Bestände des K. Staatsarchivs
zu Hannover (= Mitteilungen der K. Preußischen Archivver-
waltung, 3), Leipzig 1900, S. 90.

Hof- und Staats-Handbuch für das Königreich Hannover, Han-
nover 1851 ff.

Heinz-Joachim Schulze, Die hannoversche Justiz- und Verwal-
tungsreform und das politische System des Nachmärz im Land-
drosteibezirk Stade. In: Ders. (Hrsg.), Die Herzogtümer
Bremen und Verden und das Land Hadeln in späthannoverscher
Zeit (1848-1866). Untersuchungen und Berichte zu den Lebens-
verhältnissen einer hannoverschen Provinz in der Zeit des
Nachmärz (= Einzelschriften des Stader Geschichts- und Hei-
matvereins, 26), Stade 1981, S. 39-62.

Erich Weise, Geschichte des Niedersächsischen Staatsarchivs
in Stade nebst Übersicht seiner Bestände (= Veröffentlichun-
gen der Niedersächsischen Archivverwaltung, 18), Göttingen
1964, S. 249-253.



Stade, den 28. Mai 2002 Dr. Christian

Hoffmann

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet