StadtA H 1.NR.2.05

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kriegssachschädenamt

Laufzeit 

1940-1974

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Anträge auf Soforthilfe und Schadensausgleich durch Kriegseinwirkungen und Anträge auf Schadensausgleich durch alliierte Besatzung nach Kriegsende, ca. 11.500 Einheiten.

Geschichte des Bestandsbildners 

Im Mai 1940 fielen die ersten Bomben im Stadtgebiet von Hannover. Die Feststellung der Kriegssachschäden wurde dem Stadtbauamt (unter der Leitung von Stadtbaurat Elkart) übertragen, das im sog. Bauamtshaus am Trammplatz 1 untergebracht war. Die Mitarbeiter der Abteilung III (Siedlungsamt), durch die Unterbrechung der Bautätigkeit freigestellt, wurden mit der neuen Aufgabe betraut.

Rechtliche Grundlagen zur Bearbeitung von Kriegssachschäden:
• Sachschäden-Feststellungs-Verordnung vom 08.09.1939: Feststellung des Schadens und Gewährung von Vorschüssen, zunächst keine Regelung der Entschädigung, abgelöst durch die
• Kriegssachschäden-Verordnung vom 30.11.1940 mit weiteren Durchführungs- und Ergänzungs-Verordnungen: Feststellung und Rechtsanspruch auf Entschädigung (vgl. Malzahn, Helmut: Kriegssachschäden-Verordnungen: unter besonderer Berücksichtigung der Gebäudeschäden, Berlin 1941; HB 6503)

Die Feststellungsbehörde für Kriegssachschäden unterhielt ab 31.10.1941 als „Kriegssachschädenamt“ eine gesonderte Organisationseinheit im Baudezernat, die Verwaltungsdirektor Menzer unterstellt wurde. Nach den ersten größeren Bombenangriffen auf Hannover waren 30 Mitarbeiter in drei Abteilungen mit der Bearbeitung von Sachschäden, Nutzungsschäden und Sonderfällen beschäftigt. Für die Sicherstellung von Hausrat war eine Bergungsstelle zuständig.
Im Laufe des Jahres 1942 wurden neben der Hauptstelle im Stadtbauamt weitere Nebenstellen eingerichtet, um zu vermeiden, „daß im Falle einer Zerstörung des Stadtbauamtshauses der gesamte Betrieb des Kriegssachschädenamtes lahmgelegt wurde“ (Verwaltungsbericht, S.3). Die Arbeitsbereiche der vier Nebenstellen und der Hauptstelle wurden in einem Plan des Stadtgebiets Hannover genau festgelegt. Die Nebenstellen waren für die Bearbeitung von Schadensfällen in jeweils drei bis vier zusammenhängenden Polizeirevieren zuständig:

• 01.07.1942 Nebenstelle I Artilleriestraße 29/30
• 01.08.1942 Nebenstelle II Ohestraße 8, Umzug im Mai 1943 in die Calenbergerstraße 24
• 01.08.1942 Nebenstelle III Meterstraße 44
• 01.10.1942 Nebenstelle IV Trammplatz 1 im Gebäude des Stadtbauamtes, Umzug am 15.06.1943 in die Arnswaldstraße 24

Durch den Großangriff am 08./09.10.1943 sind mit Ausnahme der Nebenstelle IV in der Arnswaldstraße sämtliche Dienststellen und deren Akten zerstört worden. Die Karteikarten, aus denen die wichtigsten Merkmale des Schadensfalles und die geleisteten Zahlungen an die Geschädigten hervorgehen, blieben unversehrt (Ausnahme: Kartei der Nebenstelle III). Ersatzräume konnten in den Schulen bereitgestellt werden, da der Unterricht vorübergehend eingestellt wurde.
Ausweichstelle des Kriegssachschädenamtes war zunächst die Herschelschule, Tellkampfstraße 7. Alle fünf neuen Nebenstellen waren in der Herschelschule untergebracht. Im November und Dezember 1943 konnten vier Nebenstellen in Schulen ihres entsprechenden Stadtteils umgesiedelt werden. Nebenstelle V wurde neu eingerichtet und verblieb in der Herschelschule.

• Edenstraße 52 (Volksschule 22a): Hauptstelle Kriegssachschädenamt
• Engelbosteler Damm 120: Nebenstelle I (Nordwesten)
• Am Lindener Berge 2 (Mittelschule 3): Nebenstelle II (Linden)
• Langensalzastraße 24 (Wilhelm-Raabe-Schule): Nebenstelle III (Südosten)
• Wilhelm-Gustloff-Platz 6 (Volksschule 21): Nebenstelle IV (Nordosten)
• Tellkampfstraße (Herschelschule): Nebenstelle V (Innenstadt), Umzug im Januar 1945 in die Alte Celler Heerstraße 5 (Leibnizschule)

Die Akten der Nebenstelle V sind bei einem Luftangriff im Januar 1945 verbrannt.
In der Nachkriegszeit wurden die Anträge auf Kriegssachschäden in einer Abteilung der Feststellungsbehörde bearbeitet (vgl. Handbuch und Fernsprechverezeichnis der Stadtverwaltung 1949 bis 1951).

Die Anmeldung von Kriegssachschäden nach Fliegerangriffen musste mit einem Vordruck erfolgen, der zunächst im Stadtbauamt oder bei den Polizeirevieren erhältlich war. Das örtliche Polizeirevier musste bescheinigen, dass die Schäden durch einen Fliegerangriff entstanden waren. Ab Februar 1941 hat sich die Kreisleitung der NSDAP mit der Begründung eingeschaltet, die Antragsverfahren beschleunigen zu wollen. Die Antragstellung lief nun über die Ortsgruppen der NSDAP. Die Bescheinigung des Schadens und die Vorprüfung des Schadens nach Art und Umfang wurde von der NSDAP durchgeführt. Erst im Anschluss durften die Mitarbeiter des Kriegssachschädenamtes die Schäden regulieren (vgl. Hannoverscher Kurier v. 18.2.1941).

Die Kriegssachschäden-Verordnung wurde nach dem Krieg durch das Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG) vom 14.08.1952 abgelöst. Dort definiert § 13 LAG Kriegssachschäden.

Bestandsgeschichte 

Die Unterlagen gelangten im Rahmen von zwei Akzessionen (004 / 1979 und 006 / 1979) in das Stadtarchiv. Abgebende Behörde war OE 55 Lastenausgleichsamt:
• Ca. 34.000 Akten des Kriegssachschädenamtes, behördlicher Vorläufer des Ausgleichsamtes, waren alphabetisch nach Antragsteller sortiert und wurden in durchnummerierten Aktenbündeln angeliefert und gelagert
• 55 Ordner mit 38.890 Entschädigungsfällen nach der Beschlagnahme von Immobilien durch die britische Besatzungsmacht ab 28.05.1945 sind ebenfalls übernommen worden
• Karteikarten zu allen Schadensfällen mit biografischen Angaben, dem Schadensort und geleisteten Zahlungen liegen vor. Während der Aktenbestand aufgrund der Kriegshandlungen erhebliche Lücken aufweist, ist die Kartenkartei mit Ausnahme einer Nebenstelle erhalten geblieben

Der Bestand des Kriegssachschädenamtes ist nach Antragstellern alphabetisch überliefert. Er wurde in einem kombinierten Verfahren durchgesehen. Die Buchstaben A-D sind vollständig übernommen und erfasst worden (Nr. 1 – 8611). Aus dem Konvolut E-Z wurde eine qualitative Auswahl getroffen, die etwa 10 % der ursprünglichen Abgabe umfasst (Nr. 8612 - 11521).

Grundlagen der Aktenbewertung waren:
- Auswahlliste relevanter Personen, die aus dem "Hannoverschen Biographischen Lexikon" und dem "Roten Telefonbuch" der Stadtverwaltung Hannover zusammengestellt wurde
- Akten zu Wirtschaftsunternehmen, Vereinen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen oder gastronomischen Betrieben. Bei kleineren Unternehmen und Einzelhändlern wurde darauf geachtet, einen Querschnitt der verschiedenen Berufszweige abzubilden. Akten mit aufschlussreichen Inventarlisten oder weiteren Informationen über den jeweiligen Betrieb (z.B. Briefbögen) fanden besondere Berücksichtigung
- Alle Akten von Ausländern und Zwangsarbeitern
- Akten mit Informationen über nationalsozialistische Organisationen, Kasernen, Flakstellungen und Lager
- Akten, die Informationen über die Organisationsstruktur des Kriegssachschädenamtes geben

Einen separaten Gliederungspunkt (Nr. 11522 - 11556) bilden Schadensfälle aufgrund alliierter Besatzung nach 1945. Neben wenigen privaten Hausbesitzern fanden Lager, öffentliche Gebäude und hannoversche Unternehmen Berücksichtigung.

Die nicht archivwürdigen Akten wurde nach Abschluss des Bewertungsverfahrens kassiert.

Die Karteikarten werden vollständig archiviert.

Bewertung, Umlagerung und Erschließung: Syran Ardic, Cornelia Skodock, Uta Ziegan
November 2020

Literatur 

FUHRMANN, Walter: Kriegsschädenrecht für Jedermann : Reichshilfe bei Fliegerschäden, Interministerieller Luftkriegsschädenausschuß, Berlin 1944 (Kps 4378)
Dienstanweisung des Kriegsschädenamtes Hannover, Hannover 1942 (Kps 1526)
KÜHNE, Walter (Hrsg. u.a.): Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich: Ausgabe A. Ausgleichsabgaben, Köln 1953 ff. (HB 2131)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

StadtA H, 1.HR.02, Nr.1190: Verwaltungsbericht des Kriegssachenschädenamtes Hannover vom 31.3.1944
StadtA H, 1.HR.02, Nr. 742: Dienstanweisung des Kriegssachschädenamtes Hannover
StadtA H, 1.HR.02, Nr. 742: Dienstanweisung für die Hilfsstellen des Kriegssachschädenamtes (Katastropheneinsatz)
Nachfolgeamt: Lastenausgleichsamt StadtA H 1.NR.2.01 Nr. 1 – 935

Weitere Angaben (Bestand)

Benutzung 

Die Klassifikation des Bestandes erfolgt alphabetisch. Innerhalb der Gliederungspunkte wird zwischen Privatpersonen und Institutionen / Unternehmen differenziert.
Die Schutzfristen enden bei persönlichen Anträgen 10 Jahre nach dem Tod, hilfsweise 100 Jahre nach der Geburt des Antragstellers . Da die Schutzfrist von Unternehmen 30 Jahre nach Aktenschluss endet, ist eine öffentliche Recherche in diesem Teil des Bestandes möglich.
Die Erschließung der Akten mit den Buchstaben A bis D erfolgte ohne Berücksichtigung der Geburts- und Sterbedaten. Darum wird vor Nutzung einer persönlichen Akte die Schutzfrist geprüft.
Um die Akten wissenschaftlich oder journalistisch zu nutzen, kann ein Antrag auf Schutzfristverkürzung gestellt werden.