NLA HA Nds. 710

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Oberlandesgericht Celle

Laufzeit 

1877-2006

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Geschichte (nach 1945) des Oberlandesgerichts (OLG) Celle knüpft eng an die Verhältnisse vor 1945 an (vgl. den Bestand Hann. 173). Nachdem die britische Besatzungsmacht die Justizhoheit auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen übernommen hatte, kam es als Folge der Suspendierung des gesamten Justizpersonals zu einer kurzen Periode des Stillstands der Rechtspflege, die aber nicht zuletzt bedingt durch den sprunghaften Anstieg der Kriminalität nicht lange anhielt. Schon bald wurden von der britischen Militärregierung wieder Richter - zunächst mit vorläufiger Wirkung - ernannt, die - bei formell garantierter Unabhängigkeit - in erster Linie die Anordnungen der Militärregierung zu beachten hatten, welche ursprünglich plante, die Justiz aus der allgemeinen Verwaltung herauszulösen. Die von der Militärregierung ernannten acht Präsidenten der Oberlandesgerichte der britischen Zone wurden deshalb anfänglich auch mit den Aufgaben einer obersten Justizverwaltungsbehörde betraut. Dies änderte sich erst mit der Einrichtung des Nds. Justizministeriums 1947, auf welches diese Aufgaben dann übergingen.

Die Wiedereröffnung des OLG Celle fand am 16. März 1946 mit zwei Zivilsenaten und einem Strafsenat statt, nachdem Hodo Freiherr von Hodenberg bereits im August 1945 zum Präsidenten des OLG ernannt worden war. Unter seiner maßgeblichen Führung fand die Reorganisation und der Neuaufbau des OLG Celle statt. Erschwerend war dabei der Mangel an geeignetem Personal, das zunächst einem Entnazifizierungsverfahren durchlaufen musste.

Heute (2015) bestehen beim OLG Celle 23 Zivilsenate, davon sieben Senate für Familiensachen und ein Senat für Landwirtschaftssachen, sowie sechs Strafsenate und zwei Senate für Bußgeldsachen. Außerdem verfügt das OLG Celle über einen Senat für Baulandsachen, zwei Kartellsenate, einen Vergabesenat, zwei Senate für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, einen Senat für Notarsachen und eine Güterichterabteilung. Die Verwaltung des OLG Celle besteht aus den Präsidialabteilungen I-IX sowie aus der Präsidialabteilung Erprobungsdezernat.

Das OLG Celle ist eines von drei OLG im Bundesland Niedersachsen (neben Braunschweig und Oldenburg), wobei sein räumlicher Zuständigkeitsbereich der größte ist. Zum Bezirk des OLG Celle gehören heute die sechs Landgerichte Bückeburg, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade und Verden mit insgesamt 41 Amtsgerichtsbezirken. Zeitweise waren auch die Landgerichte in Detmold (vom 1. April 1946 bis 1. Mai 1947) sowie Göttingen (bis 1998) dem OLG Celle untergeordnet, während die Landgerichte Aurich und Osnabrück trotz der Bemühung auf Celler Seite, den alten Zustand von vor 1945 wieder herzustellen, beim OLG Oldenburg blieben. Dem OLG Celle übergeordnet ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Das OLG kann in Zivilsachen für Berufungen und Beschwerden gegen landgerichtliche Entscheidungen und seit der Familienrechtsreform aus dem Jahre 1977 in Familiensachen angerufen werden. In Strafsachen besteht eine erstinstanzliche Zuständigkeit für solche Straftaten, die geeignet sind, die innere und äußere Sicherheit zu beeinträchtigen. In zweiter Instanz (Revisionsinstanz) hat das OLG über Rechtsmittel gegen amtsgerichtliche Entscheidungen und Berufungsurteile der Strafkammern der Landgerichte zu entscheiden.

Das OLG Celle ist jedoch nicht nur für die Erfüllung von Aufgaben aus dem Bereich der Rechtsprechung zuständig, sondern hat darüber hinaus innerhalb der Hierarchie der Justizverwaltung in beträchtlichem Umfang auch Verwaltungsaufgaben zu erledigen, namentlich Personalsachen der eigenen Bediensteten, aber auch von Notaren und Referendaren.

Beim OLG Celle selbst sind derzeit rund 90 Richter in den Zivil- und Strafsenaten tätig. Daneben versehen 180 weitere Mitarbeiter ihren Dienst beim OLG Celle.

Am OLG Celle ist ebenfalls die Generalstaatsanwaltschaft Celle angesiedelt (siehe hierzu das Vorwort zum Bestand Nds. 711).

Stand: 9. Februar 1989 (erweitert Dezember 2015)

Präsidenten und Präsidentinnen des OLG Celle nach 1945
1945–1955 Hodo Freiherr von Hodenberg
1955–1960 Bruno Heusinger
1960–1966 Ekhard Koch
1966–1974 Wilhelm Kregel
1974–1976 Gerhard Mützelburg
1976–1989 Hans-Harald Franzki
1989–2006 Helga Oltrogge
2006-2017 Peter Götz von Olenhusen
seit 2018 Stefanie Otte

Bestandsgeschichte 

Personalakten werden in diesen Bestand eingeordnet, sofern der betreffende Beamte über 1945 hinaus im Dienst gewesen ist. Richter- und Rechtsanwaltspersonalakten sowie Personalakten des höheren Dienstes und von Notaren werden in Auswahl übernommen. Neben den Generalakten enthält der Bestand Urteilssammlungen und Beschlusssammlungen einzelner Jahrgänge sowie Register.

Die Archivierung des jüngeren Schriftgutes, das nach dem Jahr 1977 entstanden ist, fällt in die Zuständigkeit des Staatsarchivs Stade.

Anmerkungen zu einzelnen Akzessionen:
Acc. 100/83
Diese erste Abgabe von Akten des Oberlandesgerichts Celle, die dem Bestand Nds. 710 zuzuweisen sind, umfasst Urteils- und Beschlusssammlungen in Zivilsachen sowie zugehörige Register ab 1945. Zeitlich schließen die Akten unmittelbar an diejenigen von Hann. 173 Acc. 96/83 an. Die lückenlose Übernahme der Sammelbände sämtlicher Zivilsenate des Gerichts erscheint nicht gerechtfertigt. So wurden jetzt von der Übernahme die Jahrgänge 1950-1952 ausgenommen und zur Vernichtung freigegeben. Die Bestimmung der Auswahlkriterien für die folgenden Jahrgänge bleibt vorbehalten.

Acc. 135/86
Die Abgabe umfasst Sammlungen von Revisionsurteilen und Beschlüssen in Strafsachen aus den Jahren 1946-1954. Der Jahrgang 1955 wurde kassiert. Von den zugehörigen Registern gelangten nur solche der Jahre 1951, 1953, 1954 ins Archiv. Weitere sind auch beim Oberlandesgericht nach dessen Auskunft nicht mehr vorhanden. Der Quellenwert der ersten Nachkriegsjahrgänge ist recht beachtlich. Ausführliche Tatbestandsschilderungen und -erörterungen geben einen guten Einblick in die Nachkriegs-, aber auch noch in die Kriegszeitkriminalität (z. B. Kriegsverbrechen, Wirtschaftsvergehen). Zu beachten ist auch, dass das Oberlandesgericht zunächst letztinstanzliches Rechtsmittelgericht (hier Revisionsinstanz in Strafsachen) war, da ein oberster Gerichtshof nicht mehr (Reichsgericht) oder noch nicht (Oberster Gerichtshof für die Britische Zone, Bundesgerichtshof) bestand. Leider nimmt der Informationsgehalt der Urteile später rapide ab, so dass die Archivwürdigkeit für jüngere Jahrgänge in Zweifel gezogen werden muss.

Acc. 124/87
Die nach dem Generalaktenplan angelegten und bezeichneten Akten des Oberlandesgerichts Celle betr. Justizverwaltungsangelegenheiten bieten der archivischen Einordnung insofern Schwierigkeiten, als eine Trennlinie zwischen den Akten, die dem Bestand Hann. 173 einerseits, und solchen, die dem Bestand Nds. 710 andererseits zuzuweisen sind, zu keinem Stichjahr konsequent bezogen werden kann. In diesem Dilemma schien eine Doppelverzeichnung den besten Ausweg zu bieten: Alle Akten, die vor 1945 angelegt und über 1945 hinaus fortgeführt worden sind, sind zwar bei Hann. 173 eingeordnet, werden aber auch hier bei Nds. 710 nachgewiesen. Ob sich in der Praxis aus dieser Doppelverzeichnung Unzuträglichkeiten ergeben, muss abgewartet werden. Zum Ordnungsschema der Akten nach der Generalaktenverfügung, das in die archivische Ordnung voll übernommen worden ist, wird auf das Vorwort zu Hann. 173 Acc. 123/87 verwiesen. Sehr beachtlich ist der Quellenwert der Akten für die Zeitgeschichte, etwa zu Themen wie: deutsche Gerichtsbarkeit unter der Herrschaft der britischen Besatzungsmacht, Bewahrung und Wiederherstellung der Rechtseinheit in den westlichen Besatzungszonen, Neuaufbau der Justiz im Zeichen der Rechtsstaatlichkeit, Entnazifizierung und Eingliederung der aus dem Osten Deutschlands vertriebenen oder geflüchteten Justizbeamten. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Oberlandesgerichtspräsident bis zur Errichtung des Niedersächsischen Justizministeriums Ende 1946 die höchste deutsche Justizverwaltungsbehörde in der Provinz Hannover war.

Stand: April 2014

Enthält 

Personalakten, Justizverwaltungsakten, u.a. Wiedergutmachung, Orden und Ehrenzeichen, Entnazifizierung, Eherecht, Gerichtsorganisation, Justizreform, Kostenwesen, Urteile, Beschlüsse und Register der Zivil- und Strafsenate, Ehrengerichtsverfahren

Literatur 

www.oberlandesgericht-celle.niedersachsen.de (Stand: 14.12.2015), u.a. mit einem richterlichen Geschäftsverteilungsplan der Zivilsenate sowie einer ausführlichen Geschichte der Behörde

Festschrift zum 275jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle, Celle 1986.

Beiträge zur Geschichte des Oberlandesgerichts, Celle 1979.

Joachim Reinhold Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945-1949, Königstein 1979.

250 Jahre Oberlandesgericht Celle 1711-1961, Celle 1961.

Festschrift zum 300jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle, Hg. von Peter Götz von Olenhusen, Göttingen 2011.

Beiträge zum 300-jährigen Jubiläum des Oberlandesgerichts Celle, Hg. Museumsverein Celle e.V. Red.: Andreas Flick und Sabine Maehnert, Celle 2011 (Celler Chronik 18)

Findmittel 

EDV-Findbuch (2022)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Im NLA Hannover für die Zeit vor 1978:
Hann. 173 (Oberlandesgericht Celle, vor 1945)
Hann. 173a (Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Celle, vor 1945)
Nds. 711 (Generalstaatsanwaltschaft Celle 1945-1978)

Im NLA Stade für die Zeit ab 1978:
Rep. 273 (Oberlandesgericht Celle, ab 1978)
Rep. 273a (Generalstaatsanwaltschaft Celle, ab 1978)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

81,3

Bearbeiter 

Dr. Christoph Gieschen (1989)

Dr. Christian Helbich (2015)

Benutzung 

Das Archivgut kann im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutz- und Sperrfristen nach §5 Niedersächsisches Archivgesetz (NArchG) eingesehen werden.