StAB 7.1118/1

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Verein zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e. V./Berufsbildungsstelle - Nachlass Hans Wilhelm Hoffmann

Laufzeit 

1954-1989

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Gründung des Vereins 1954
Auch wenn das Für und Wider der Segelschiffsausbildung in der ersten Hälfte der 1950er Jahre Schlagzeilen machte, so war die Frage, ob eine solche Ausbildung die einzig "richtige" Ausbildung war, dennoch keine Frage, die von der Sache her vorrangig hätte behandelt und beantwortet werden müssen. Das größere und eigentliche Problem bestand im zunehmend größer werdenden Mangel an Nachwuchskräften, und zwar sowohl für die Laufbahn der Schiffsoffiziere als auch für die des Matrosen. Da die seemännischen Nachwuchskräfte - das waren die Decksjungen, Jungmänner und Leichmatrosen (Junggrade) - in den Bemannungs-Richtlinien der See-Berufsgenossenschaft für die ordnungsgemäße Besetzung der Seeschiffe vorgeschrieben wurden, führte der Personalmangel dazu, dass etliche Schiffe nur noch mit Ausnahmegenehmigungen in Fahrt gehalten werden konnten. Entsprechendes galt für die Besetzung der Schiffe mit Kapitänen und Schiffsoffizieren.

Zwangsläufige Folge des großen, nicht zu deckenden Bedarfs an seemännisch-nautischen Nachwuchskräften war, dass die zuständigen Behörden und Organisationen zunächst darüber nachdachten, wie die für die Besetzung der Schiffe notwendigen seemännische Nachwuchskräfte gewonnen werden könnten. Darüber hinaus sollten aber auch die bis dahin ungelösten Fragen und Probleme der im Jahre 1940 begonnenen Berufslehre zum Matrosen wieder aufgenommen werden und dies unter Berücksichtigung der Neuordnung der Berufsausbildung für die Lehrberufe außerhalb der Seeschifffahrt. Um diese beiden Ziele zu erreichen, sollte - so das Bundesverkehrsministerium - "eine Zentralstelle für die seemännische Berufsausbildung" errichtet werden. Bund und Küstenländer, Reederverbände und Seeleute-Gewerkschaften gründeten daher am 18. Februar 1954 den "Verein zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e. V." mit Sitz in Bremen. 1980 wurde der Verein umbenannt in "Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e. V.".

Mitglieder des Vereins waren und sind:
- die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das federführende Bundesministerium für Verkehr (heute: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung), das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (heute: Bundesministerium für Arbeit und Soziales) und seit 1980 das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (heute: Bundesministerium für Bildung und Forschung);
- die Küstenländer: Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und seit 1992 Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch die jeweils zuständigen Verkehrs- und Bildungsbehörden;
- die Reederverbände: der Verband Deutscher Reeder (VDR) und der Verband Deutscher Küstenschiffseigner (VDK); seit Auflösung des VDK im Jahre 1995 vertritt der VDR die Interessen der Küstenschiffseigner;

- die Seeleute-Gewerkschaften: die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG); seit 2001 vertritt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Interessen der Seeleute.

Satzung des Vereins
Zweck des Vereins nach seiner Satzung von 1954 war ausschließlich und unmittelbar, "den seemännischen Nachwuchs für die Handelsschiffahrt zu fördern und an der Regelung und Überwachung der seemännischen Berufsausbildung mitzuwirken". Die Ausbildung als solche war und ist nicht Aufgabe des Vereins. Die Aufgabenstellung des Vereins bezog sich ursprünglich ausdrücklich nur auf den seemännisch-nautischen Nachwuchs für die Handelsschifffahrt, also nicht auf die Nachwuchskräfte für die maschinentechnischen Berufe an Bord und auch nicht auf die Nachwuchskräfte für die Fischerei.
Die von den Mitgliedern aufzubringenden Mitgliedsbeiträge verteilten sich zu jeweils einem Drittel auf die Bundesrepublik Deutschland, auf die Küstenländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie auf den VDR und den VDK. Die Gewerkschaften waren und sind von der Verpflichtung, einen Beitrag zu entrichten, befreit. Aufgaben auf den Gebieten der Überwachung der Bordausbildung und der Durchführung von Matrosenprüfungen, die nach dem Seeaufgabengesetz von 1965 vom Bund auf den Verein übertragen wurden, wurden je nach Umfang vom Bund finanziert.

Organe des Vereins waren und sind die Mitgliederversammlung, der Vorsitzende und sein Stellvertreter. Darüber hinaus konnte die Mitgliederversammlung entsprechend § 30 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für bestimmte Geschäfte einen Geschäftsführer bestellen. Von der letztgenannten Möglichkeit hat die Mitgliederversammlung bis heute stets Gebrauch gemacht. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter wurden in der Regel auf Vorschlag der Reederverbände von der Mitgliederversammlung für die Dauer von drei Jahren gewählt. Aufgrund einer entsprechenden Satzungsänderung wird der stellvertretenen Vorsitzende seit 1980 auf Vorschlag der Seeleute-Gewerkschaften gewählt. Obwohl der Vorsitzende und sein Stellvertreter ehrenamtlich tätig waren, hatten sie bis zu einer umfassenden Satzungsänderung im Jahre 1980 formal alle laufenden Geschäfte des Vereins zu erledigen und den Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.
Vorsitzender des Vereins in den Jahren 1954 bis 1960 war der Bremer Reeder Werner Vinnen. Zu seinem Nachfolger wurde Gerhard Hansen-Stahl von der Unterweser Reederei in Bremen gewählt, der dieses Amt bis 1969 ausübte. Ihm folgte der Sohn Werner Vinnens, Christel Vinnen, der im Jahre 1976 von Johann Pieter von Quistorp von der Deutschen Dampfschifffahrts-Gesellschaft "Hansa" abgelöst wurde.

Zum Geschäftsführer des Vereins wurde Richard Vollert bestellt. Richard Vollert erhielt seine praktische Ausbildung als angehender Seesteuermann auf dem Segelschulschiff GROSSHERZOGIN ELISABETH und als Matrose und Offiziersanwärter auf Schiffen des Norddeutschen Lloyds. Die nautischen Befähigungszeugnisse erwarb er an der Seefahrtschule in Lübeck, das Patent A6 im Jahre 1930. Nach Seefahrtzeiten als Seesteuermann auf Schiffen des Norddeutschen Lloyds und der Hamburg-Süd fuhr Richard Vollert von 1935 bis 1937 als Ausbildungsoffizier auf dem Segelschulschiff SCHULSCHIFF DEUTSCHLAND. In den Jahren 1939 bis 1941 war er als Leiter der Hamburger Schiffsjungenschule "Kapitän Hilgendorf" und zudem als Abteilungsleiter für die Berufsausbildung in der Reichsverkehrsgruppe Seeschiffahrt tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Richard Vollert zunächst als technischer Aufsichtsbeamter der See-Berufsgenossenschaft. Anfang 1954 wechselte er als Geschäftsführer zum Verein und übte dieses Amt bis zu seinem Tode Ende 1972 aus.

Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e. V. (Berufsbildungsstelle) seit 1980
Vom Verein zur Förderung des seemännischen Nachwuchses zur Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt
Nach seiner Satzung aus dem Jahre 1954 hatte der Verein "ausschließlich und unmittelbar den Zweck, den seemännischen Nachwuchs für die deutsche Handelsschiffahrt zu fördern und an der Regelung und Überwachung der seemännischen Berufsausbildung mitzuwirken" . Die Aufgaben des Vereins hatten sich - verständlicherweise - im Verlaufe der ersten 25 Jahre seines Bestehens verändert und konkretisiert. Durch die Matrosen-Ausbildungsordnung von 1975, die Schiffsbetriebsmeister-Verordnung von 1978 und die im Jahre 1980 im Entwurf vorliegenden Schiffsmechaniker-Ausbildungsverordnung waren dem Verein erstmals Aufgaben und Befugnisse einer zuständigen Stelle für die Berufsbildung in der Seeschifffahrt auf der Grundlage von Rechtsverordnungen des Bundes übertragen worden. Ende der 1970er Jahre nahm der Verein insbesondere folgende Aufgaben wahr: Überwachung der Durchführung der Berufsausbildung und der berufliche Fortbildung in der Seeschifffahrt; Förderung der Durchführung der Berufsausbildung in der Seeschifffahrt durch Beratung der ausbildenden Reedereien, der Ausbilder und der Auszubildenden; Führung eines Verzeichnisses der Berufsausbildungsverhältnisse; Durchführung von Zwischen-, Abschluss- und Fortbildungsprüfungen; Mitwirkung bei der Regelung der Berufsausbildung und der beruflichen Fortbildung in der Seeschifffahrt; Information und Beratung der an der Berufsbildung in der Seeschifffahrt Beteiligten und Interessierten; Überwachung der praktischen Ausbildung als nautischer und technischer Offiziersbewerber und Offiziersassistent.
Die veränderten Aufgaben des Vereins machten eine grundlegende Änderung der Satzung erforderlich und waren darüber hinaus der ausschlaggebende Grund dafür, dass sich der Verein in seiner Satzung den neuen Namen "Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt e. V." gab.

Neue Satzung der Berufsbildungsstelle Seeschiffahrt von 1980
Zweck der Berufsbildungsstelle nach der Satzung von 1980 war und ist die "Förderung der beruflichen Bildung in der Seeschifffahrt" . Mit Blick auf die bis dahin geregelte Förderung des seemännischen Nachwuchses war nunmehr unmissverständlich klar, dass nicht der seemännische Nachwuchs zu fördern (oder zu beschaffen) war, sondern die berufliche Bildung in der Seeschifffahrt. Die Berufsbildungsstelle hatte und hat demnach nach ihrer Satzung insbesondere die folgenden Aufgaben auf dem Gebiete der beruflichen Bildung in der Seeschifffahrt wahrzunehmen: Überwachung der Durchführung der beruflichen Bildung in der Seeschifffahrt im Rahmen der vom Bund auf der Grundlage von Rechtsverordnungen erteilten Ermächtigung; Mitwirkung bei der Regelung der beruflichen Bildung in der Seeschifffahrt; Information und Beratung der an der beruflichen Bildung in der Seeschifffahrt Beteiligten.
Seit 1980 werden die Ausgaben der Berufsbildungsstelle laut Satzung nach einem Kostenverteilungsschlüssel finanziert, der entsprechend der Aufgabenverteilung mit den Stimmen aller beitragzahlenden Mitglieder festgelegt wird. Der Anteil der Ausgaben für die vom Bund übertragene und finanzierte Überwachung der beruflichen Bildung betrug 1988 rund 77 Prozent. Der Anteil der Ausgaben für die Mitwirkung bei der Regelung der beruflichen Bildung und für die Information und Beratung der Beteiligten betrug rund 23 Prozent und verteilte sich zu gleichen Teilen auf sieben beitragszahlende Vereinsmitglieder. Die Gewerkschaften blieben unverändert beitragsfrei. Durch den nach langen und mühseligen Verhandlungen eingeführten Kostenverteilungsschüssel konnten Haushaltsverhandlungen und Haushalts-führung der Berufsbildungsstelle erheblich vereinfacht und verkürzt werden.

Organe der Berufsbildungsstelle 1980 - 2000
Organe der Berufsbildungsstelle waren und sind die Mitgliederversammlung, der Vorsitzende und sein Stellvertreter und ggf. ein von der Mitgliederversammlung bestellter Geschäftsführer. Neu geregelt wurde, dass der Vorsitzende auf Vorschlag der Reederverbände, der stellvertretende Vorsitzende auf Vorschlag der Gewerkschaften von der Mitgliedversammlung für die Dauer von drei Jahren gewählt werden. Konkretisiert wurden die Aufgaben der Organe: Die Mitgliederversammlung berät und beschließt alle Angelegenheiten der Berufsbildungsstelle, soweit sie nicht dem Vorstand oder einem Geschäftsführer übertragen sind. Der Vorstand leitet die Mitgliederversammlungen und erledigt alle Aufgaben der Berufsbildungsstelle, soweit sie nicht einem Geschäftsführer oder der Mitgliederversammlung übertragen sind. Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender sind alleinvertretungsberechtigt.
Vorsitzender des Vereins bzw. der Berufsbildungsstelle in den Jahren von 1976 bis 1980 war der Reedereikaufmann Johann Pieter von Quistorp von der D.D.G. "Hansa". Sein Nachfolger wurde der Bremer Tankschiffsreeder Emil Hartmann, der dieses Ehrenamt von 1981 bis 1994 ausübte und 1995 vom Küstenschiffseigner Henry Breuer aus Stade-Bützfleth abgelöst wurde.
In den Jahren von 1970 bis 1979 wurde das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden vom Geschäftsführer wahrgenommen. Der erste von den Gewerkschaften vorgeschlagene stellvertretende Vorsitzende der Berufsbildungsstelle in den Jahren von 1980 bis 1984 war Eike Eulen von der ÖTV. Ihm folgten in den Jahren: 1985 bis 1987 Werner Anton Reuer von der DAG, 1988 bis 1993 Wolfgang Fieg von der ÖTV, 1994 bis 1996 Klaus-Dieter Schwettscher-Fink von der DAG, 1997 bis 1999 Klaus Meyer von der ÖTV und 2000 bis 2002 Dr. Christa Hempel-Küter von der DAG.

Anders als in der alten Satzung wurden die vom Geschäftsführer wahrzunehmenden Aufgaben in der Satzung von 1980 konkret genannt. Die Aufgaben, für die der Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt war und ist, erstrecken sich auf: Durchführung der satzungsmäßigen Aufgaben der Berufsbildungsstelle; Vorbereitung der Mitgliederversammlungen und Erstellung der Niederschriften; Geschäftsführung der Arbeitskreise (Fachausschüsse für spezielle Aufgaben); ordnungsgemäße Haushaltsführung; Erstellung der Rechenschaftsberichte / Jahresberichte; Einstellung und Entlassung der Angestellten der Berufsbildungsstelle.
Nachfolger des ersten Geschäftsführers des Vereins, Richard Vollert, wurde Hans Wilhelm Hoffmann, der das Amt 29 Jahre lang von 1972 bis 2000 ausübte. Hans Wilhelm Hoffmann fuhr seit 1956 als Decksjunge, Jungmann, Leichtmatrose, Matrose und Seesteuermann auf Schiffen der D.D.G. "Hansa" zur See, erwarb 1965 das Kapitänspatent A6, absolvierte anschließend ein Lehrerstudium mit den Hauptfächern Mathematik und Sport, war zwei Jahre als Lehrer an einer Haupt- und Realschule in Bremen tätig und fuhr von 1969 bis 1971 als Ausbildungsoffizier auf der CAP SAN ANTONIO der Hamburg-Süd wieder zur See.
Hans Wilhelm Hoffmann

Bestandsgeschichte 

Im Februar 2010 wurde Herrn Hans Wilhelm Hoffmann, dem Geschäftsführer von 1972-2000 des Vereins zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e. V., die vorläufige und nun endgültige Bestandsbezeichnung 7,1118 mitgeteilt. Er benötigte das Material zunächst noch für das Schreiben eines Buches über den seemännischen Nachwuchs. Am 21.3.2011 brachte er 3 Ordner mit Protokollen, 1954-1981, und einen Ordner mit Jahresberichten, 1956-1989. Es sind insgesamt nun 12 Verzeichnungseinheiten, die in zwei Kartons Platz gefunden haben. Da Herr Hoffmann eine so vorzügliche Beschreibung des Vereins zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e. V. verfasst hat, wurde diese vollständig übernommen.

Enthält 

Protokolle - Jahresberichte

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

0,3