StAB 7.2101

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

F. A. Vinnen & Co.

Laufzeit 

1828-1944

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Firma F. A. Vinnen & Co., früher E. C. Schramm & Co., wurde nach der Firmentradition im Jahre 1797 gegründet (1). Ernst Christian Schramm, aus dem westfälischen Westenfeld (bei Wattenscheid), ließ sich 1814 in Bremen nieder und eröffnete sein Kontor in der Obernstraße (Nr. 14, später 27 (2). Seit 1818 firmiert das Handelshaus als E. C. Schramm & Co. (3). Das älteste erhaltene Handlungsbuch für die Jahre 1828 und 1829 zeigt bereits einen ansehnlichen Geschäftsumfang (4). Gehandelt wurde vor allem mit Tabak, daneben auch mit Pottasche, (Wachs-)Lichten, Hanföl und Leinsaat. Lager wurden in Berlin, Frankfurt am Main, Hannoversch-Münden und Leipzig, in Amsterdam, Kingston (Jamaica), Riga und St. Petersburg unterhalten. Geschäftsverbindungen bestanden außerdem mit Antwerpen, Bordeaux, Danzig, Hamburg, Hannover, Hüll, Kassel, Königsberg, Kopenhagen, London, Lübeck, Magdeburg, Osnabrück, Regensburg, Rotterdam, um nur die wichtigsten Orte zu nennen. Besonders bedeutend war offenbar der Tabakhandel nach Russland. Bereits damals erscheint auch ein Schiff im Geschäftsbuch, die Schonerbrigg "Claudius", die 1828 nach dem Tode des Schwiegervaters Conrad Christoph Hucke übernommen worden ist (5).
Ernst Christian Schramm starb 1832. Nach einer Übergangszeit, in der die Witwe Julie Schramm, geb. Hucke, das Geschäft fortsetzte, übernahmen 1833 der Schwiegersohn Carl Diedrich Westenfeld aus Windheim (bei Minden) und Johann Christian von Cöllen aus Quakenbrück die Firma (6). Sie engagierten sich außer im Tabakhandel in der Reederei. 1836 kauften sie die Schonergaliot "Susanne", 1841 ließen sie die Fregatte "Ann" bauen. Weitere Schiffe in Teil- oder Vollbesitz der Firma folgten, so dass sie seit den 40er Jahren ständig zwei bis drei Schiffe in Fahrt hatten, die sich auch an der Auswandererbeförderung beteiligten. 1856 gab die Firma den Bau der Fregatte "Carl" in Auftrag, die mit 746 Last eines der größten Segelschiffe der damaligen bremischen Flotte wurde (7).

1862 trat der Schwiegersohn Westenfelds, Johann Christoffer Vinnen, Sohn eines aus Lockhausen bei Salzuflen stammenden Tierarztes, in die Firma ein (8). Nach dem Tode Westenfelds 1865 und von Cöllens 1868 war er Alleininhaber der Firma. Er setzte die Reederei fort und beteiligte sich, als die Passagierfahrt für Segelschiffe nicht mehr lohnte, am Petroleumimport (9). Zu diesem Zweck erwarb er 1879 Land in Nordenham und entwickelte den Ort mit Unterstützung der Oldenburger Regierung zum Petroleumumschlagplatz. Als die Konkurrenz von Hamburg und Rotterdam übermächtig wurde, mußte er den Petroleumhandel 1887 einstellen. Er war nun in der Lage, eine Reihe schneller eiserner Clipper aus England anzukaufen (10).
1896 nahm Johann Christoffer Vinnen seinen Sohn Friedrich Adolf in die Firma auf (11), da dessen älterer Bruder, der bekannte Maler Carl Vinnen, verzichtete. Adolf Vinnen beteiligte sich maßgebend an den Gründungen der Deutschen Dampffischereigesellschaft "Nordsee" (1896), der "Midgard" Deutsche Seeverkehrs-Aktiengesellschaft (1905), der Nordenhamer Terrain-Aktiengesellschaft (1906) und der "Visurgis" Heringsfischerei AG (1907) in Nordenham (12) und konnte so die Nordenhamer Petroleumanlagen nutzbringend verwerten. Mit dem Jahresende 1909 schied Johann Christoffer Vinnen aus der Firma aus, so dass Adolf Vinnen Alleininhaber wurde. Er reorganisierte die Reederei von Grund auf. Den Schiffsbestand wechselte er aus, was er auch in der Namengebung (beginnend mit "J. C. Vinnen") zum Ausdruck brachte. Er erwarb 1912 die Aktien der 1898 gegründeten Hamburger Aktien-Gesellschaft "Alster", mit der er 7 Segelschiffe übernahm, und änderte ihren Namen in "Bremer Stahlhof" AG (13).

1913 verfügte er über 12 3- und 4-Master und damit über die größte Seglerflotte in Bremen vor dem Ersten Weltkrieg. 1911 bezog er neue Geschäftsräume am Altenwall (Nr. 23) und 1912 änderte er schließlich den eigenen Firmennamen in F. A. Vinnen & Co. Er war Mitglied der Bürgerschaft 1900 - 1918 und der Bremischen Nationalversammlung 1919-1920. Nach dem Ersten Weltkrieg baute er eine Flotte von Motorseglern auf, zu der auch die Viermastbark "Magdalene Vinnen" (3572 BRT) gehörte (14), die später als "Kommodore Johnsen" dem Norddeutschen Lloyd als Schulschiff diente.
Nach dem Tode Adolf Vinnens 1926 übernahm sein 21 jähriger Sohn Werner Vinnen die Firma (15). Er stellte die Flotte von Motorseglern allmählich auf Motorschiffe und Dampfer um und baute sie nach dem Zweiten Weltkrieg neu auf. Er war lange Vorsitzender des Bremer Rheder-Vereins und 1967-1968 auch Präses der Handelskammer Bremen. Zwei Jahre vor seinem Tode (1981) legte er die Leitung der Firma nieder, die weiterhin als Reederei tätig ist.

(1). E. C. Schramm & Co., Bremen, in: Historisch-biographische Blätter. Der Staat Bremen, Bd. 1, 3. Lieferung, Berlin 1906/11; F. A. Vinnen & Co., in: Industrielle. Vertreter Deutscher Arbeit in Wort und Bild. Biographische Sammlung, Ergänzungs-Band, Berlin [1920]; Heimatchronik der Freien Hansestadt Bremen, bearb. v. F. Prüser, Köln 1955, S. 367 f.
(2) F. Peters: über bremische Firmengründungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1814 - 1847), Bremisches Jahrbuch 36, 1936, S. 352 (nach den verschollenen Bürgerbüchern P.8.A.19.a.3.h.-l.); Neues Bremisches Adreß-Buch auf das Jahr 1815, S. 177 (hier, offenbar irrtümlich, Eduard Gerh. Schramm genannt), 250. - Auf das Jahr 1797 läßt sich die Firma des Schwiegervaters von E. C. Schramm, Hucke & Co., zurückführen; sie bestand bis 1829.
(3) Bremisches Adreß-Buch für das Jahr 1819, S. 147.
(4) 7,2101-1.
(5) 2-R.11.p.3.b.2.Bd.5 Nr. 120; 7,2101-1 fol. 114.

(6) Adreßbücher 1833 und 1834; Peters, brem. Firmengründungen, S. 326, 359.
(7) 2-R.11.p.3.b.2.Bd.5 Nr. 195, Bd. 6 Nr. 150, Bd. 8 Nr. 65; Schiffslisten der Adreßbücher.
(8) 4,75/5-Reg. I Bd. 1 fol. 346; A. Redeker: Die Amtsmeier zu Vinnen. Geschichte des Hofes, Detmold 1968 (Mscr. Graue Mappe Vinnen).
(9) W. Weber: Erdölhandel und Erdölverarbeitung an der Unterweser 1860-1895, Bremen 1968, S. 88 ff.; vgl. auch 7,2101-22.
(10) 0. Höver: Von der Galiot zum Fünfmaster, Bremen 1934, S. 360 ff.
(11) W. Lührs: Friedrich Adolph Vinnen, in: Bremische Biographie 1912-1962, Bremen 1969, S. 536 f.
(12) G. Rohdenburg: Hochseefischerei an der Unterweser, Bremen 1975, S. 110 ff., 182 ff.; "Midgard" Deutsche Seeverkehrs-Aktiengesellschaft, Nordenham-Bremen, in: Historisch-biograph. Blätter, Bd. 1, 3. Lief.
(13) 4,75/5-B 85611; vgl. Höver, S. 439 ff.
(14) 4,75/6-706; vgl. Höver, S. 132 f., 441.
(15) Bremer Nachrichten vom 6. März 1981, S. 4.

Bestandsgeschichte 

Der Bestand wurde von der Firma am 1. April 1981 auf Wunsch des verstorbenen Werner Vinnen ohne Auflagen an das Staatsarchiv abgegeben. Er besteht ausschließlich aus Geschäftsbüchern, und zwar zur Hauptsache aus Haupt- und Rescontrobüchern einerseits und Schiffsrechnungsbüchern andererseits. Geschäftskorrespondenz ist nur in einem Briefkopierbuch (für 3 Jahre) und einem Telegrammbuch enthalten. Die Haupt- und Kontokorrentbücher sind zwar nicht sämtlich überliefert; die vorhandenen erlauben aber dennoch einen selten genauen Einblick in die Geschichte eines bedeutenden Bremer Handels- und Reedereigeschäftes von 1828 bis 1940.
Der Einschnitt in der Firmengeschichte im Jahre 1910, als Adolf Vinnen die alleinige Verantwortung übernahm, kommt auch in der Buchführung zum Ausdruck. Die Bücher wurden daher bis 1909 unter E. C. Schramm & Co. und ab 1910 unter F. A. Vinnen & Co. verzeichnet, jeweils getrennt nach Haupt- und Rescontrobüchern und Schiffsbüchern. Die 1912 von der Aktien-Gesellschaft "Alster" übernommenen Bücher sind in einem besonderen Abschnitt zusammengefasst.
Adolf E. Hofmeister
Bremen 1984

Enthält 

Haupt- und Reskontrobücher - Schiffsrechnungsbücher der Firmen E.C. Schramm & Co. 1828-1909, Aktiengesellschaft 'Alster' (Hamburg), 1898-1912, F.A. Vinnen & Co. 1910-1944

Literatur 

Wilhelm Lührs, Friedrich Adolph Vinnen, in: Bremische Biographie 1912-1962, Bremen 1969, S. 536-537.

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

4

Benutzung 

Einige Bände sind stark beschädigt. Ein Band, der so stark angegriffen ist, dass er für die Benutzung völlig gesperrt werden musste (7,2101-3), ist in Kopie auf Mikrofilm zugänglich.